Samstag, 11. Januar 2025

Nackte Singularitäten

 



Eine nackte Singularität ist unmöglich (sonst passiert der Urknall); das solipsistische Selbst hat, wie der Narzisst, es nur mit "internen Objekten" zu tun: die empirische Realität ist für den Solipsisten (logisch) bzw. für den Narzissten (psychologisch) intrapsychisch. Technisch betrachtet, ist alles scheinbar Äußere zwangsläufig intrapsychisch (Kant: "allgemein subjektiv"), aber wenn die Versicherung, dass das der Erscheinung entsprechende aber nicht unmittelbar erfahrbare Ding an sich extrapsychisch, unabhängig vom Subjekt, existiert, nur durch die Denkstrukturen des Subjekts gewährleistet wird (transzendentale Ästhetik, transzendentale Logik), liegt dieser "kritischen" Metaphysik nur das Postulat von der Identität von Denken und Sein zugrunde: etwas ist, weil es gedacht wird (ausgeschmückt: "Etwas ist, weil es mit logischer Notwendigkeit gedacht wird"; es macht aber keinen Unterschied, ob eine Seinsbehauptung logisch begründet oder beliebig vorgestellt wird: der Fehler ist derselbe wie im ontologischen Gottesbeweis).

Die Wahrheit über das Bewusstsein ist, dass es singulär ist. So wie wir in der Empirie keine nackten Singularitäten beobachten können, können wir das reine singuläre Bewusstsein nicht erkennen, und verallgemeinern die singulären Selbste als abstrakte Subjekte, denen wir ontologische Gleichheit unterstellen, so wie ich in diesem Satz unzulässigerweise "wir" sage. Unimittelbarer Erfahrung nach ist das Selbst singulär, das psychosozial angepasste Ich ist ein Konstrukt des Selbst, das "erkennende Subjekt" wird ebenso vom Selbst konstruiert. Das Selbst kann kein Objekt werden, als Subjekt ist es kein dingliches, sondern ein prozessuales Objekt. Das macht zwar den ontologischen Unterschied zwischen Sein und Seiendem deutlich, besagt aber nur, dass das Sein etwas nur durch sein Sein Seiendes sei, womit es die nackte Singularität des Selbst durch eine Abstraktion verschleiert.

"Seiendes ist" (Parmenides) schließt auch "Nicht objektivierbar Seiendes ist" und somit "Prozessual Seiendes ist" bzw. "Alles fließt" (Heraklit) mit ein. Das Selbst ist vorseiend, vorlogisch, vorsozial, vorpsychologisch: das Selbst ist transzendental Seiendes, die singuläre Bedingung der Möglichkeit der Erfahrung des Bewusstseins. Jede darüber hinausgehende Selbstidentifikation ist eine Konstruktion.

Bewusstsein, Logik, Empirie

 



Wenn etwas logisch verboten ist, aber empirisch möglich, zeigt es, dass der Betrachter nicht über die Gesamtkenntnis der Naturgesetze verfügt. Etwas nicht den Gesetzen der Logik Widersprechendes, aber  empirisch Unmögliches ist noch unproblematischer: nicht jede mathematische Struktur ist physikalisch realisierbar, mit der Komplexität der Physik (eine höhere Komplexitätsstufe der Physik ist Chemie, eine noch höhere Biologie) steigt die Anzahl von logisch Möglichem aber empirisch Unmöglichem. 

Was logisch verboten und empirisch unmöglich ist, kann überhaupt nicht existieren. Die Logik ist, Empirie erscheint: die Logik ist das Denken selbst, die Empirie, was dem denkenden Subjekt erscheint. Die "Realität" (das Äußere) ist dem Subjekt ferner als die "Vorstellung" (das Innere). Aber auch im Denken unterscheidet sich das denkende Subjekt vom Gedachten: "Ich bin Ich" ist "wahrer" als "A ist A", denn es ist nicht nur wahr, weil es ein Gesetz des Denkens ausdrückt, sondern, weil es auch die unmittelbare Erfahrung des Bewusstseins wiedergibt.

Das Selbst im im Innern denkenden und nach Außen betrachtenden Subjekt ist vorempirisch und vorlogisch. Widersprechen Empirie oder Logik der Erfahrung des Bewusstseins, ist der Fehler in der Beobachtung oder im Denken, da das Bewusstsein selbst ursprünglicher, "wahrer" ist. 

Die Verabsolutierung der Erfahrung des Bewusstseins (Solipsismus) ist nicht selbstwidersprüchlich, ist logisch konsistent und empirisch möglich. Die Verabsolutierung des Denkens widerspricht der Erfahrung des Bewusstseins und macht aus singulären Subjekten ("Selbsten") identische geistige Dinge (in der rationalen Psychologie psychische Objekte: "Iche", sich selbst als Objekt betrachtende "Selbste"). 

Die Verabsolutierung der Empirie ist (wie Behaviorismus) bereits auf intuitiver Ebene wahnhaft ("Deinem Gesichtsausdruck nach bist du aufgeregt und fröhlich, und was fühle ich?"); soziologisch betrachtet muss sich der Charakter eines Menschen zwangsläufig seinem sozialen Status anpassen (anders nicht möglich), wenn das an der Tankstelle arbeitende Genie einen IQ von 160 hat, ist das ein Messfehler, das auf dem Weg zur Arbeit gelesene Buch von Kant ist Getue.