Mittwoch, 31. Juli 2019

Das Leben ist kein Spiel





Wer heutzutage scheitert, begibt sich automatisch auf die kulturell erlernte Suche nach erlittenen Benachteiligungen. Es ist nicht so sehr die Verweichlichung und Dekadenz unserer Kultur, die die Menschen auf die Suche nach Diskriminiertwordensein schickt. Es ist vielmehr die perverse Vorstellung vom Leben als einem Spiel. Das Leben ist kein Spiel, es ist ein Ernst: man einigt sich nicht vorher auf Spielregeln, man kann das Spiel des Lebens nicht nach Wunsch verlassen, ohne sein Leben zu beenden. Man wird ins Leben willkürlich hineingeworfen und bekommt ein Schicksal auferlegt, jeder sein eigenes, und zwar abseits aller Gerechtigkeit und Fairness.

Das Sammeln der Diskrimierungspunkte als Ausrede für Scheitern offenbart darüber hinaus eine Sklavenmoral: die hetronomen sozial erwünschten Ziele werden über das Schicksal gestellt, welches nur noch als Rechtfertigung und Entschuldigung für das eventuelle Nichterreichen dieser Ziele herangezogen wird. Das Schicksal ist jedoch größer als jede mögliche Benachteiligung im Rahmen des Spiels und Schicksale sind inkommensurabel. Wer einen Job nicht bekommen hat, weil er schwarz, übergewichtig und schwul ist, und dies mit nachteiliger sozialer Herkunft erklärt, nimmt den Job wichtiger als das Schicksal, welches einzigartig und persönlich ist, und nicht dazu da, damit jeder in jeder Situation das sozial Erwünschte erreichen kann.

Eine göttliche Prüfung zu bestehen ist wichtiger als in Gesellschaftsspielen zu reüssieren. Das Leben hat Vorrang, nicht das Spiel. Der Ernst des Lebens liegt nicht in Vergleichen und befindet sich jenseits sozialer Normen. Die Schaffung künstlicher Gleichstellungsbedingungen leugnet das Schicksal und entwertet das authentische persönliche Leben des Individuums.

Montag, 22. Juli 2019

Nihilistische Moral





Warum ist es für die meisten Menschen unmöglich einzusehen, dass es im Nihilismus (und seinen Spielarten wie Atheismus oder Utilitarismus) keine Moral geben kann? Moralität hat das Gute zum Gegenstand, das Gute dirimiert sich in Recht und Wohl, und ist, mit dem Primat des Rechts, nur in Verbindung beider vollkommen (in Kants „moralischer Welt“). Da die meisten Menschen chthonische Telluristen sind, sehen sie im Guten nur die Wohl-Seite; das Recht ist ihnen unbegreiflich und ohnehin nur eine zufällige Gewalt von außen, ob in der Antike von den Göttern oder in der Neuzeit vom Staat. Der Löwenanteil der Menschheit sind Chthoniker, der Hasenanteil sind Lunaristen. Im Lunarismus wird der Hedonismus auf die Spitze getrieben, sodass das Recht nur dann respektiert wird, wenn es dem eigenen Wohl dient.

Eine nicht gerade zahlreiche geistig-moralische Elite aus Solaristen, die das Gute, somit den Zusammenhang von Wohl und Recht unter dem Primat des Rechts sowohl intellektuell begreifen als auch wahrhaft wollen, sieht ein, dass das Schlaraffenland des letzten Jahrzehnte, das bei den Chtonikern zum Abfall von der Religion geführt hat, sowie die für die Hedonisten vorteilhafte Lockerung der Sexualmoral, keineswegs die Frage nach der Transzendenz erübrigen. Der Weltlauf vermag es nicht, das Gute zu vollbringen: der Zusammenhang von Recht und Wohl bleibt auf dieser Welt zufällig. Deshalb ist, da das Gute sein soll, die Transzendenz zwingend erforderlich.

Wer aber meint, das Gute solle nicht unbedingt sein, verneint damit grundsätzlich alle Sollenssätze, und somit die Moral an sich, denn ein Sollen, das nicht auf das Gute zielt, ist Willkür und nicht Moralität. Das bloße Wohl zu wollen, ob nur für sich selbst, seine Gruppe oder die ganze Menschheit, ist nicht moralisch, da man ebensogut Übel oder das Nichts wollen kann. Nur eine Recht schaffende Maxime qualifiziert das Wollen moralisch; wer mit Recht will, ist rechtschaffen. Wer nicht das Gute, sondern bloß das Wohl will, mag dieselben konkreten Ziele verfolgen (Weltfrieden, angenehme Lebensbedingungen für alle Menschen usw.), hat aber nicht das Gute zum Endziel, und kann jederzeit durch eigene Willkür oder als Reaktion auf Schicksalsschläge zum Übelwollen übergehen, ohne seine Prinzipien auch nur geringfügig zu ändern.

Donnerstag, 11. Juli 2019

Miezen





Im Schönen ist das Dasein des Höheren evident, während das Wahre und das Gute nicht ohne hochspekulative geistige Abstraktionen zu erkennen sind. Im voraussetzungsreichen Kulturprodukt “schönes Mädchen” offenbart sich für mich die Möglichkeit der Offenheit der Welt für eine höhere ontologische Dimension; diese hochkonzentrierte Schönheit zeigt, dass die Welt einen Wert haben könnte, anstatt eine nihilistische Wüste zu sein.

Das schöne Mädchen löste in mir schon immer das Heimweh nach dem Göttlichen aus, die Sehnsucht nach dem schönen Mädchen war nichts als die Hoffnung, die Einsamkeit in der Sündhaftigkeit des Profanen zu überwinden, und nach Hause, in das Reine, zu kommen.

Ein brennender Busch wäre mir vielleicht lieber, da er nicht als Gegenstand von Romantik und Erotik missverstanden werden kann, doch nur ein Wunder, welches die Naturgesetze nicht negiert, kann wirken, da es die Realität der Wirklichkeit nicht infrage stellt und die Welt nicht zu Wahn und Willkür abwertet. Das Schöne ist das Wunder, das die Naturgesetze nicht bricht, aber dem nihilistischen Flachland eine Höhendimension verleiht, die einen Bergpfad, einen Heimweg für den Edlen bereithält.