Die Griechen sind das größte Volk der Welt. Griechische Hegemonie bzw. Dominanz erstreckt sich über einen längeren Zeitraum als jede andere in der Geschichte. Um Griechenland zu einem anderen Land ins Verhältnis zu setzen: das Römische Reich war der große nostaligische Traum der Italiener von Rienzo über Leopardi bis Mussolini; beschworen, besungen, wiederausprobiert, nie erreicht. Für die Griechen war Rom eine kulturgeschichtliche Nuance. Rom entstand aus der griechischen Peripherie. Seit Alexander war Griechenland eine Weltmacht, seit Konstantin das globale christliche Imperium. Was die Griechen nicht eroberten, unterwarfen sie kulturell; wer Griechenland eroberte, wurde zum Griechen.
Die Westliche Welt ist ein von germanischen Völkern tradiertes griechisch-römisches Erbe. Ohne die Griechen wäre kein Christentum entstanden: es wäre in der chthonisch-tellurischen nahöstlichen Tradition verharrt und hätte seine soteriologische Wirkung durch das Dionysische und seine geistige Bedeutung durch das Apollinische nicht erhalten können. Jesus ist mehr Grieche als Jude. Philosophie, Wissenschaft, Kunst, Recht: alles kommt aus Griechenland, einiges wurde durch die Römer verbessert. Die Abschaffung der Sklaverei im christlichen Europa war eine griechische Tat. Es sind keine Sklavenbefreiungen durch Jesus bekannt. Jesus betrachtete die Sklaverei als eine Selbstverständlichkeit, und im Gegensatz zu Aristoteles, der wenigstens einen logischen Grund für deren Existenz angab, zählte sie für den jüdischen Wanderprediger zu den Tatsachen des Lebens.
Der Untergang des Weströmischen Reichs war für Griechenland nicht so einschneidend wie für Westeuropa; schon Jahrzehnte später eroberte Justinian alles außer dem späteren Kern des germanischen Nordwesteuropas zurück. Bis in das vorletzte Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts war das Oströmische Reich der politisch und kulturell wichtigste Staat der westlichen Hemisphäre. Seine Agonie, von der Selbszerstörung Ende des 12. Jahrhunderts bis zur schleichenden und 1453 endgültigen Eroberung durch die Osmanen, führte zur kulturellen Emigration nach Westeuropa, und diese dort zur Renaissance. Und selbst im Osmanischen Reich spielten die Griechen eine tragende Rolle. Deshalb verweigerten viele der dort lebenden Griechen dem unabhängig gewordenen Griechenland im 19. Jahrhundert ihre Unterstützung. Erst die Moderne mit der Industrialisierung und dem damit einhergehenden Triumph des Chthonisch-Titanischen verzwergte Griechenland.
Griechenland ist also erst seit kurzem ein Nichts, und sein Untergang fällt nicht zufällig mit der Entstehung der modernen Welt zusammen. Spätestens seit der Renaissance, allerspätestens seit dem neuzeitlichen Klassizismus kann von einem griechischen Kultursieg gesprochen werden, wenn die Weltgeschichte ein Spiel wie Sid Meiers Civilisations ist. Was ist das Geheimnis der griechischen Dominanz über bescheiden geschätzt 15 Jahrhunderte? Es ist der Pakt des Apollinischen mit dem Dionysischen. Damit ist aber die Herrschaft der höheren Potenzen über die niederen, das Tellurische und das Chthonische, impliziert. Mit dem Untergang des griechischen Geistes, der im 19. Jahrhundert stattfindet, sprießen tellurische und chthonische Ideologien wie der Nationalismus (Blut und Boden), Sozialismus (Zerstörung der Hierarchie, Gleichmacherei) und Materialismus (Naturalismus, Feminismus) aus dem Boden. Das ist der Aufstand der Titanen.
Das Griechentum steht für die Menschen und ihre Götter. Seine iranischen Verbündeten (Zoroastrismus, solarer Dualismus) sind dem chthonisch-lunaren Islam verfallen, seine germanischen Alliierten (Odin, Thor, die Solaren und Himmlischen) wandten sich dem chthonisch-tellurischen Materialismus zu, wobei die Kontinentalen zugrunde gingen (Deutschland und germanisches Mitteleuropa im 20. Jahrhundert) und die germanischen Seevölker einen Pakt mit den Titanen schlossen (UK, USA). Das Warten auf den Messias (iranische und iranisiert-graecojüdische Lösung) und das Streben nach dem Übermenschen (germanische Lösung) sind die Antworten auf die trans- und posthumanen Herausforderungen der sich verselbstständigenden Technologie (in letzter Konsequenz KI). Die Hinüberrettunmg des Griechentums in einen tellurischen Kontext (Russland) ist gescheitert und zu einer wahnwitzigen Karikatur des Byzantismus verkommen.