Freitag, 14. August 2020

5. Der oströmische Katechon

 

 

 

Aurelian, Diokletian und Konstantin retteten das Römische Reich aus der Krise des 3. Jahrhunderts für Sol Invictus, nicht für Christus. Doch es war ein magisches Zeitalter und die Sonne wurde, wie Vasquez in Aliens (1986) fälschlich für einen Mann gehalten. Die deutsche Sprache (explizit: DIE Sonne) und die nordeurasische Religion (implizit: nicht die Sonne, sondern der Himmel ist die männliche Gottheit) hatten Recht, die antiken Post-Polytheisten irrten sich.

Auf dem Sterbebett konvertierte Konstantin zum Christentum. Theodosius machte dem Polytheismus ein Ende. Dazwischen hätte sich im wahren (orthodoxen) Christentum die wahre Glaubensformel (Arianismus) durchsetzen müssen, was aber nicht geschah. Diesen Geburtsfehler Ostroms nutzte das Arabische Kalifat, das mit der Gründung des Islam den Arianismus wiederbelebte und fortan die Mitte der Welt dominierte.

Die Justinianische Pest und die Kaltzeit der Völkerwanderung raubten dem zweiten römischen Reich die Kräfte. Als Ostrom wieder zu Kräften kam, hatten schon Franken (Karolinger) und Sachsen (Ottonen) Ansprüche auf den Titel des zweiten Rom gestellt. Die Makedonische Dynastie machte das Reich zur Jahrtausendwende zum mächtigsten in Europa, doch das Zentrum der christlichen Kultur konnte die Schwächen seiner geopolitischen Konkurrenten nicht nutzen und verlor die Vormachtstellung im Osten an die Türken (11. Jh.) wie vormals an die Araber (7. Jh.).

Der Katechon, der Aufhalter des Antichrist, bäumte sich unter der Komnenen-Dynastie noch einmal auf, doch das Gewonnene wurde abermals durch eigene Fehler zerronnen. Am Ende bleib die Geschichte des Hätteseinkönnens, die byzantinische Fahrradkette. Das unrühmliche Ende kam, selbstverschuldet wie immer, 1204 durch die katholischen Ketzer. Mit dem Fall Konstantinopels endete das christliche (nach Oswald Spengler magische) Zeitalter, auch der Islam der Türken und Mongolen war nun ein anderer.

Zombie-Christentum und Zombie-Islam existieren noch heute. Das Judentum hat als einzige abrahamitische Religion durch Selbstabgrenzung und Ausgrenzung seine monotheistischen Derivate zwar überlebt, aber es macht heute nicht mehr als eigentliche Religion, sondern nur als identitätsstiftende Idee des jüdischen Volkes einen Sinn. Das Christentum, das das „dritte Rom“ vom zweiten übernahm, ist historisch irrelevant, denn das Ende Ostroms war eben schon 1204 und nicht erst 1453 eingetreten. Sollte dennoch eine Fortsetzung folgen, so müsste sich ein Konstantin XII Noomachos zum Führer der rechtgläubigen Christen aufschwingen; Spengler würde mit seiner Spekulation über die Nachfolgekultur des Abendlandes recht behalten, wenn dieser Imperator der Christenheit aus dem Volke der Russen käme.