Freitag, 17. Mai 2013
Gegutsgeschichte der Menschheit
Es lebten zwei Gegüter unter den Menschen: das Gegut der Käufer stellte alle Waren her, konnte aber nicht Handel treiben, da es ein Bisschen asozial war; das Gegut der Verkäufer handelte mit den Waren und sorgte so für den Geldfluss.
Die Verkäufer beschwerten sich, dass stets nur die Käufer darüber zu entscheiden hatten, ob ein Verkauf stattfand, denn sie konnten die Waren bei jedem beliebigen Verkäufer kaufen - beim wem, entschieden nur sie. Die Käufer beschwerten sich, dass sie die benötigten Waren, die sie nicht selbst herstellen konnten, nur bei den Verkäufern bekommen konnten.
Es herrschte aber lange Zeit eine klare Rollenverteilung, und niemand kam auf die Idee, etwas daran zu ändern, bis auf beiden Seiten die Händler auftraten - Käufer und Verkäufer, die untereinander Waren austauschten, ohne eine Transaktion mit dem anderen Gegut einzugehen. Beide Gegüter fühlten sich in ihrer Existenz bedroht und bestraften die Händler in ihren Reihen. Es wurde aber dennoch heimlich Schwarzhandel getrieben, so dass viele Käufer auf ihrem Geld und viele Verkäufer auf ihren Waren saßen.
Man beschloss nun, die Diskriminierung der Händler aufzuheben, und bald darauf proklamierten die Händler, es gäbe eigentlich keine Käufer oder Verkäufer, sondern nur Händler. Einige Käufer und Verkäufer sprangen auf diesen Zug auf und nannten sich Transhändler, viele aber verfielen konsequent in einen Traditionalismus, indem sie entweder nur kauften oder nur verkauften. Diese zogen die Mehrheit des anderen Geguts durch ihre klar differenzierten Gegutseigenschaften an, und das gegenseitige Verlangen nach Verlässlichkeit garantierte, dass der Anteil der Händler und Transhändler nie über einen Zehntel der Gesamtbevölkerung wuchs.
So waren es ausgerechnet die Käuferhasser unter den Verkäufern und die Verkäuferhasser unter den Käufern, die auf das andere Gegut nicht verzichten konnten, und dafür sorgten, dass alles beim Alten blieb.