Montag, 22. Januar 2018

Der vierfache Weltfrieden





Der Weltfrieden ist nicht bloß der Zustand des Nichtvorhandenseins militärischer Auseinandersetzungen und politischer Unterdrückung auf dem ganzen Globus. Entscheidend ist der vierfache Frieden des einzelnen Individuums, der aus vier Verhältnissen resultiert. Jeder ist Subjekt (das immaterielle Selbst) und Objekt (physisch seiend) zugleich, woraus die vier Verhältnisse folgen:

1) Der Andere als Objekt zu Dir als Objekt: äußere Anerkennung, Verzicht auf Gewalt und Unterdrückung.

2) Der Andere als Subjekt zu Dir als Subjekt: Freundschaft der Gleichgesinnten.

3) Der Andere als Subjekt zu Dir als Objekt: Geliebtwerden (zuerst als Kind von den Eltern, später sehr prekär, weil nur die wenigsten äußerlich schön genug sind).

4) Der Andere als Objekt zu Dir als Subjekt: Zärtlichkeit (die in Reinform nicht vorhanden ist, - aber als Ersatz gibt es Sex für Geld oder in einer Beziehung).

Der Mensch braucht nicht nur äußeren Frieden (1) oder moralische Selbstbestätigung (2), sondern auch die abstrakte (3) sowie die konkrete (4) Bestätigung, Selbstzweck zu sein. Ohne süße Blicke, die Dir gelten und die Berührung zarter Hände, mit der Du als verwöhnungswürdiges Wesen gemeint bist, lebst Du bei aller Anerkennung und Freundschaft noch lange nicht in einer Dir friedlich gestimmten Welt.

Montag, 8. Januar 2018

Körperlichkeit





Es gibt die, denen Aussehen wichtig ist, und es gibt die, die sich darüber erhaben wähnen. Natürlich ist es erstrebenswert, moralische, "innere" Werte zu haben, wenngleich nichts einen Mann mehr am Erfolg bei Frauen hindert, als ebendiese. Selbstredend ist das Seelenheil der sexuellen Befriedigung vorzuziehen, es sei denn, man glaubt, man sei nichts weiter als sein sterblicher Körper.

Der Körper wird geboren, hat ein genetisch bestimmtes Aussehen, wird alt und stirbt, und mit ihm die Person. Oder es gibt ein Leben nach dem Tod. Oder es beginnt ein transhumanes Zeitalter, in dem jeder seinen Körper selbst aussuchen kann, - alles wird um das zentrale Nervensystem nach Wunsch und Geldbeutel neu konfiguriert. Ist Aussehen dann immer noch unwichtig? Ich kann so aussehen wie ich aussehe, und ein moralisch hochstehender Mensch sein, aber ich kann dieselbe edle Persönlichkeit sein, und ganz anders aussehen, nämlich so, dass mein Äußeres und meine "inneren Werte" harmonieren, -  darum ist das bestmögliche Aussehen erstrebenswert, wobei in der Realität das optimierte Aussehen wiederum nicht der wahren Persönlichkeit, sondern den finanziellen Möglichkeiten ensprechen wird.

Wem Aussehen angeblich egal ist, der lügt, oder ist so auf den Körper fixiert, dass er gar nicht die Möglichkeit erwägt, anders aussehen zu können. Wer wirklich über die Körperlichkeit hinaus ist, für den ist das Aussehen austauschbar, denn es zählt nur die Person, und nicht das einem zufällig mitgegebene Aussehen. Wer über den Körper hinaus ist, identifiziert sich nicht mit einem bestimmten Aussehen, und kann durch in der Regel treffende Aussagen wie "du bist hässlich" nicht persönlich getroffen werden, denn die Person ist nicht der Körper, - sie hat nur diesen Körper, insofern oder solange es ihr nicht möglich ist, einen anderen Körper zu haben.

Samstag, 6. Januar 2018

Gute Menschen





Manch einer hat ein gutes Herz, nicht im medizinischen Sinne, sondern so, dass sein Herz vor Mitgefühl verblutet, - er fühlt alles mit, leidet mit jedem lebenden Wesen, wünscht jedem von Herzen das Allerbeste. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange dieser Mitleidweltmeister keine Achtung oder Bewunderung dafür fordert, solange er nicht behauptet, er würde sich für die anderen aufopfern, denn er fühlt zwar mit, aber gibt exakt nichts, er vollbringt keine guten Taten. Solange es bei untätigem Mitgefühl bleibt, hat dieses eine rein ästhetische Bedeutung, - ach, wie zartfühlend einer doch ist! - aber keine moralische.

Mitgefühl für das Gute zu halten, ist auch deshalb gefährlich, weil das moralisch Gute dadurch abgewertet wird, und der Begriff des Guten der Beliebigkeit anheimfällt. Selbstverständlich ist es wünschenswert, dass man mitfühlend ist, und das ist von und bis zu einem bestimmten Grad jeder, der kein Soziopath ist. Doch letztlich zählt, dass man für den auf der Straße von Gewaltverbrechern Angegriffenen tätlich Partei ergreift, und nicht, wie sehr man mit dem Zusammengeschlagenen mitfühlt. Letztlich ist aufrichtiges Interesse für das Leiden eines Freundes bei nur mäßiger Fähigkeit, sich in seine Situation hineinzuversetzen, wertvoller, als großes Mitgefühl bei tätlicher Ignoranz.

Ein guter Mensch ist kein Mensch, der am zartesten fühlt, sondern jener Mensch, der das Gute tut. Wenn das, was Kant mit seinem kategorischen Imperativ aufzeigt, nicht das Gute ist, dann hat der moralische Begriff "gut" keine Bedeutung.

Mittwoch, 3. Januar 2018

Die Fallhöhe





Was auf einer Lüge aufbaut, dessen Erhebung über dem Boden ist zugleich seine Fallhöhe. Die hohe Würde eines Geistlichen, der Kinder missbraucht, oder der Leistungsethos eines Milliardärs, der sein Vermögen auf kriminelle Weise angehäuft hat, - Anspruch und Wirklichkeit öffnen eine Schere, die der sichere Fall schließen wird.

Welche Fallhöhe hat aber eine Jungfrau, die sich für kein Geld der Welt schänden lassen will? Ein schönes, edles, reines Mädchen, das bis zum Tode unberührt bleibt, lebt ein Leben auf einem Hochplateau. Der Heilige, der dem Teufel konsequent widersagt, kann niemals als Heuchler enttarnt werden, weil er keiner ist.

Der nihilistische Blick wähnt sich als ein Blick von oben, da er nirgendwo eine Höhe höher als Null anerkennt, was jedoch daran liegt, dass der Nihilist im Flachland lebt, und überhaupt keine Höhendimension kennt.