Mittwoch, 14. Dezember 2016
Erfolg und Scheitern
Für einen Menschen des ontologischen Ersten Standes ist das im Leben zu verfolgende Ziel die Verwirklichung eines geistig-moralischen Ideals. Es ist ein innerer Kampf, und darum das schwerste Ziel; Siege in diesem Kampf sind die wertvollsten.
Der Zweite Stand kämpft gegen einen äußeren Feind. Nicht der Sieg, sondern der Mut und die Unerschütterlichkeit im Kampfe sind der Erfolgsnachweis; wer einem übermächtigen Feind die Stirn geboten hat, hat gesiegt, auch wenn er verloren hat (etwa ein Widerstandskämpfer in der Nazi-Diktatur).
Der weltliche Erfolg (mein Haus, mein Auto, mein Boot) ist das Ziel des Dritten Standes. Wer sich nicht fortgepflanzt hat, kein Vermögen angehäuft, und kein Ansehen unter Standesgenossen erreicht, gilt als gescheitert. So gilt dem Dritten Stand der Eremit als gescheitert (er hat sich doch bloß zurückgezogen, weil er im Leben nichts erreicht hat!), der Held ebenso (sinnlose Selbstopferung - das ist bestimmt pathologisch!), und natürlich auch der Konkurrent von demselben Stand (und wenn er einen Ferrari fährt, dann bloß, weil er einen kurzen Penis hat!).
Die psychologische Verführung, ein Scheitern in einen Erfolg umzudeuten, ist immer zu beachten. Daher muss sich jeder fragen: "Was sind wirklich meine Werte?" Wer nie ein Heiliger sein wollte, darf sich nicht nach lebenswierigem Leid zum Heiligen erklären, denn er wollte ficken, viel Geld haben und mit vielen wichtigen Leuten befreundet sein, und hat nichts davon erreicht. Wer niemals sein Gewissen ignorieren konnte, und durch Skrupel von vielen möglichen Erfolgen abgehalten wurde, hatte tatsächlich andere Werte als die materiellen oder sozialen, und ist nur dann gescheitert, wenn er seine Werte (sei es aus Verzweiflung oder Verführung) verraten hat.
Dienstag, 13. Dezember 2016
Solare Karmologie
Die gängigen Karmavorstellungen sind lunarisch: die Berechnungen des Karmahaushalts, in der Glück, Leid, gute und böse Taten konvertierbar sind, sind nihilistisch, da das Ziel des karmischen Wirtschaftens die Schwarze Null ist (Nirwana oder das bewusstseinsauflösende Aufgehen in Gott).
Die Währungen Glück, Leid, gute Taten und böse Taten sind in Wahrheit inkommensurabel. Es lässt sich leicht daran demonstrieren, dass man die Rettung von 10 politisch Verfolgten und 3 Sexualmorde nicht miteinander aufrechnen kann. Es spielt auch keine Rolle, ob eine Kinderporno-Filmcrew aus kaputten Familien kommt oder einen überdrüssig-nihilistisch machenden Verwöhnungshintergrund hat (reiche Familie): die Schuld, die diese Degeneraten auf sich laden, bleibt die gleiche. Man kann auch nicht wahlweise tatenlos leiden oder leidlos gute Taten vollbringen. Böse Taten werden nicht durch großes Leid in der zweiten Lebenshälfte (oder eine lange Gefängnisstrafe) gesühnt.
1. Die Währung des Glücks ist die Dankbarkeit. Wer fast nur Leid kennt, aber dennoch die wenigen glücklichen Momente zu schätzen weiß, und dankbar ist, wenn er mal Glück hat, verdient sich genauso Tiefenstolz wie der angemessen dankbare Glückliche.
2. Die Währung des Leids ist die Linderungsforderung. Würdevoll ertragenes Leid macht einen zum Linderungsgläubiger. Die Linderung in der anderen Welt oder einer Zwischenwelt zieht keine Punkte vom Verdienstkonto ab, sondern versöhnt mit der Zufälligkeit und Sinnlosigkeit des Erlittenen.
3. Der Lohn der guten Tat ist der Weltenaufstieg. Durch gute Taten kann man in eine höhere Welt aufsteigen. Eine höhere Welt ist besser, jedoch ist Aufstieg nicht in Glück konvertierbar. Der Aufstieg hat einen (zumindest teilweisen) Linderungsaufschub zur Folge. Wer aufsteigen kann, aber die sofortige Linderung priorisiert, verbraucht sein Karma, opfert seinen moralischen Verdienst dem Hedonismus (der Verdienst der guten Taten wird nicht in hedonistische Punkte umgerechnet, sondern allein für die Zeitpräferenz gezahlt (frühere statt spätere Linderung)).
4. Der Lohn der bösen Tat ist der Abstieg. Dieser kann Leid zur Folge haben, aber das Leid ist nicht die unmittelbare Folge der bösen Tat. Da eine schlechtere Welt leidvoller ist, und ein Weltenabstieg als leidvoll erlebt wird, ist dem Täter der bösen Tat auch das Leiden garantiert. Die Linderung des schuldlos Erlittenen ist beim Weltenabstieg nicht rein; wer absteigt und seinen Linderungsanspruch einlöst, geht für den Linderungsprozess nicht ins Schöne, sondern ins Gemütlich-Dreckige.
Dienstag, 22. November 2016
Die Schuld des Natalisten
Das Tier hat kein Bewusstsein der Sterblichkeit und kein Gewissen, der Mensch weiß um seine Sterblichkeit und kann über seine Handlungen reflektieren. Hieraus folgt:
1. Jeder Mensch, der Kinder in die Welt setzt, handelt bewusst, und ist für fahrlässiges Handeln genauso verantwortlich, weil er in der Pflicht steht, bewusst zu handeln.
2. Der Mensch kann sich der Kinderzeugung bewusst enthalten, und ist nicht wie das Tier vom Trieb determiniert.
3. Weil ein Ungeborenes nicht da ist, kann es nicht gefragt werden, ob es geboren werden will. Weil Leid schwerer wiegt als Glück (und unverhältnismäßig öfter vorkommt), ist es moralisch falsch, jemanden ungefragt in die Welt zu setzen.
Conclusio 1: Wer ein Kind in die Welt setzt, schenkt nicht jemandem das Leben, sondern nimmt (es sich heraus). Die Kinderzeugung ist kein Geben, kein Übernehmen einer Verantwortung, sondern das größtmögliche Nehmen überhaupt, - man bemächtigt sich eines menschlichen Lebens.
4. Wer ein Kind in die Welt setzt, verurteilt es zwangsläufig dazu, den Tod von (in der Regel) mindestens 4 geliebten Menschen zu erleben: den Tod der Großeltern und der Eltern.
5. Wer geboren wird, muss auch sterben. Darum verurteilt jeder, der ein Kind in die Welt setzt, dieses Kind zu Todesangst und Tod.
6. Es gibt auf dieser Welt Leid, Schmerz und Krankheit, und ein unglückliches Leben ist wahrscheinlicher als ein glückliches.
Conclusio 2: Wer ein Kind in die Welt setzt, hat mindestens die Schuld eines Mörders (durch sein Handeln kommt das Kind zwangsläufig zum Tode), und "beschenkt" das Kind mit einem Mindestmaß an unvermeidbarem Leid.
Conclusio 3: Wer ein Kind in die Welt setzt, nimmt sich ein Leben, und nimmt letztlich dem Kind das Leben. Der Natalist nimmt einen unendlichen Kredit auf (verschuldet sich um den Wert eines Menschenlebens) und macht sich als Mörder schuldig.
Der Natalist steht unendlich tief in der Schuld und ist eines Kapitalverbrechens schuldig.
Samstag, 29. Oktober 2016
Flüchtlingspolitik
In Kathetistan dauert der Bürgerkrieg nun schon Quadratwurzel Jahre. Deshalb sind hunderttausende Kathetier nach Hypothenusien geflohen. Das hypothenusische Volk protestiert gegen Überfremdung, aber die Regierung entscheidet: "Vox populi - vox Rindvieh", und lässt noch mehr Kathetier ins Land. Es häufen sich Zwischenfälle, in denen Kathetier Hypothenusierinnen spitzwinkeln, was von der Presse zunächst verschwiegen wird. Als das spitzwinklerische Treiben nicht mehr zu vertuschen ist, steht die hypothenusische Regierung vor einem trivialen Problem, dessen Lösung in der Gleichschenkligkeit des bereits tangierten Axioms besteht:
"Vox populi - vox Rindvieh!" - Soll die Regierung weiterhin die Sorgen des Volkes ignorieren? Natürlich, aber sie soll auch nicht vergessen, dass über 90% der Kathetier ebenfalls Volk sind, und sie dementsprechend behandeln. Bis auf Weiteres gilt: Stumpfwinkelkorb für Hypothenusier und Spitzwinkelkorb für Kathetier, und wenn sich die Kathetier endlich integriert, d. h. sinusiert, d. h. gegendert haben, können alle gemeinsam wieder Volk sein.
Donnerstag, 8. September 2016
Kategorien der Modalität
Apodiktische Urteile gelten mit Notwendigkeit, assertorische beschreiben die Wirklichkeit, problematische die Möglichkeit. So ist "Selbstbewusstsein ist Bewusstsein" ein apodiktisches Urteil, "Es gibt etwas und nicht nichts" ein assertorisches und "Vielleicht geht die Welt morgen unter" ein problematisches. Was wirklich ist, ist auch möglich, aber nicht notwendig; was notwendig ist, ist wirklich und möglich. Wirklichkeit und Möglichkeit sind in der Notwendigkeit analytisch enthalten.
Was notwendig ist, ist auch wirklich. Nun gibt es aber ein problematisches Urteil, welches, wenn es assertorisch wäre, notwendig auch apodiktisch wäre: es ist möglich, dass es Gott gibt. Sollte es Gott wirklich geben, kann sein Dasein nicht kontingent sein, da der Begriff Gottes ein notwendiges Wesen vorstellt. Bei Gott fallen Wirklichkeit und Notwendigkeit zusammen, aber sein Dasein ist bloß möglich. Im ontologischen Gottesbeweis fallen Möglichkeit und Wirklichkeit zusammen: kann man ein vollkomenes Wesen denken, so muss es dieses Wesen auch geben. Die Widerlegung des ontologischen Gottesbeweises lautet, dass Dasein aus keinem Begriff analytisch folgen kann. Dagegen folgt aus dem Dasein eines vollkommenen Wesens auch seine Notwendigkeit. Dieses Missverhältnis der Kategorien der Modalität lässt sich dadurch beweisen, dass es kein logischer Widerspruch ist, zu sagen, es gäbe keinen Gott, jedoch ein Widerspruch, zu sagen, Gott sei nicht Gott.
Analytische Urteile
Analytische Urteile sind keine bloßen Tautologien oder sprachlichen Definitionen. "Alle Junggesellen sind ledig" ist kein analytisches Urteil, sondern eine sprachliche Definition des Wortes Junggeselle. "a = a" ist kein analytisches Urteil, sondern eine bloße Tautologie. In der Trias Begriff - Urteil - Schluss gibt es analytische Sätze, die keine Urteile, sondern nur Begriffserklärungen sind. Ein analytischer Satz, der ein Urteil ist, wäre z. B. "a ist ungleich Nicht-a" oder "10 Liter sind mehr als 9 Liter" oder "achtmal fünf ist vierzig". Ein analytisches Urteil gilt notwendig und a priori, ein Schluss aus analytischen Urteilen ist eine Erkenntnis a priori.
Mittwoch, 7. September 2016
Es als Über-Ich
Der solare Mensch identifiziert sich mit seinem transzendentalen Ich; seine Persönlichkeit ist ewig und ungeschaffen. Der lunare Mensch identifiziert sich mit seinem empirischen Ich, das idealerweise unter der Herrschaft des transzendentalen Ich steht (das transzendentale Ich wird zum Über-Ich). Der chthonische Mensch identifiziert sich mit seinem empirischen Ich, das unter der ihm selbst nicht bewussten Herrschaft der Natur steht (den leeren Platz des transzendentalen Ich als Über-Ich nimmt das Es ein).
Montag, 5. September 2016
Moralische Vertikalspannung
Moralität
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Freiheit
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Gott
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Unsterblichkeit
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apollinisch
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transzendent
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Kant
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+
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+
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+
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dionysisch
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geistig/immanent
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Hegel
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+
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+
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-
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kybelisch
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lebensphilosophisch
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Existentialismus
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+
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-
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-
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naturalistisch
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Nihilismus
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-
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-
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-
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Donnerstag, 18. August 2016
Skeptische Zone
Zwischen dem absoluten Oben und dem absoluten Unten befindet sich diese Welt genau in der Mitte, in der sich die Einflüsse von Himmel und Hölle neutralisieren. Dieser Mittelbereich ist nicht die einzige Höhenzone, in der Freiheit möglich ist (es ist überall möglich, zu steigen oder zu fallen, der Wille ist überall frei), aber es ist die Zone des skeptischen Gleichgewichts, in der wir von Himmel und Hölle gleich weit entfernt sind, und überhaupt keine Gewissheit über das Transzendente haben können. Nur in dieser Zone kann Charakterbildung stattfinden. Kant zeigt in der Kritik der praktischen Vernunft, was passieren würde, wenn wir Gewissheit über die Vernünftigkeit des Weltganzen hätten:
"Wofern nicht zugleich unsere ganze Natur umgeändert wäre, so würden die Neigungen, die doch allemal das erste Wort haben, zuerst ihre Befriedigung, und, mit vernünftiger Überlegung verbunden, ihre größtmögliche und daurende Befriedigung, unter dem Namen der Glückseligkeit, verlangen; das moralische Gesetz würde nachher sprechen, um jene in ihren geziemenden Schranken zu halten, und sogar sie alle insgesamt einem höheren, auf keine Neigung Rücksicht nehmenden, Zwecke zu unterwerfen. Aber, statt des Streits, den jetzt die moralische Gesinnung mit den Neigungen zu führen hat, in welchem, nach einigen Niederlagen, doch allmählich moralische Stärke der Seele zu erwerben ist, würden Gott und Ewigkeit, mit ihrer furchtbaren Majestät, uns unablässig vor Augen liegen (denn, was wir vollkommen beweisen können, gilt, in Ansehung der Gewißheit, uns so viel, als wovon wir uns durch den Augenschein versichern). Die Übertretung des Gesetzes würde freilich vermieden, das Gebotene getan werden; weil aber die Gesinnung, aus welcher Handlungen geschehen sollen, durch kein Gebot mit eingeflößt werden kann, der Stachel der Tätigkeit hier aber sogleich bei Hand, und äußerlich ist, die Vernunft also sich nicht allererst empor arbeiten darf, um Kraft zum Widerstande gegen Neigungen durch lebendige Vorstellung der Würde des Gesetzes zu sammeln, so würden die mehresten gesetzmäßigen Handlungen aus Furcht, nur wenige aus Hoffnung und gar keine aus Pflicht geschehen, ein moralischer Wert der Handlungen aber, worauf doch allein der Wert der Person und selbst der der Welt, in den Augen der höchsten Weisheit, ankommt, würde gar nicht existieren."
Transzendente Wahrheit darf keine immanente Wirklichkeit werden, weil dies die Ausbildung der Moralität unmöglich machen würde. Wesen unserer Art, also keine Engel, Dämonen oder Djinn, müssen ihr Leben in der Zone des skeptischen Gleichgewichts beginnen. Die Erkenntnis der Wahrheit kann hier nicht durch theoretisches Nachdenken, sondern nur auf moralisch-praktischem Wege erlangt werden. Eine Welt höher gibt es weniger Zweifel; jene Welt dient, wie alle noch höheren bis zum Himmel hinauf, nicht mehr der Erkenntnis, sondern der Selbstvervollkommung. Das Streben nach Vollkommenheit in immer höheren Welten geht mit wachsender Gewissheit einher, die in den höchsten Bereichen zum sicheren Wissen wird. Die Welten zwischen dem Mittelbereich und der Hölle dienen der Buße, und auf dem Weg nach Unten steigt die Schwere der Last wie die Höhe von Schuldzinsen; die Hölle ist das schwarze Loch des Bösen, das Ende der Freiheit, unentrinnbare Verdammnis.
Es gibt in höheren Welten nicht weniger Freiheit, aber weniger Beliebigkeit (wie Unfälle, Krankheiten, Entartungen), und Willensanstrengungen fallen leichter (was auch mit der wachsenden Gewissheit der Vernünftigkeit des Weltganzen zusammenhängt). Unten steigert sich die Beliebigkeit, die Unordnung, bis sie zu purem Horror wird, und der Wille hat gegen stärkere innere und äußere Feinde zu kämpfen; dieser Kampf ist kein Heldentum, sondern peinliche Strafe, - unterhalb der skeptischen Zone kann Gutes nicht getan werden, man kann bestenfalls sich selbst retten (andere Wesen, denen man in unteren Bereichen begegnet, sind zwangsläufig Feinde und auch miteinander verfeindet, Liebe ist nicht möglich, da das göttliche Licht unten nicht scheint, - es scheint nur der Abglanz des Mittelbereichs, und Selbstsucht ist das höchste der Gefühle, wobei die Selbstrettung in der Reinigung des Egoismus vom bösen Willen besteht, und die Schuldigkeit durch Demut und Rachverzicht gegenüber der strafenden Gerechtigkeit abgegolten wird).
Dienstag, 9. August 2016
Erfahrung und Erkenntnis
Dem naiven Alltagsverstand gilt als sicher, dass nur die Erfahrung zur Erkenntnis führen könne. In Wirklichkeit ist Erfahrung ohne begriffliches Denken blind; es gibt ein intuitives Begreifen ohne Erfahrung, aber keine Erkenntnis durch bloße Erfahrung, - bloße Erfahrung führt nur zum Erlebnis, welches der naive Alltagsverstand mit der Erkenntnis verwechselt.
Samstag, 30. Juli 2016
Seelenheil und Egoismus
Ich würde alles Geld, alle Beziehungen, und sogar mein Leben uneingennützig opfern, aber niemals mein Seelenheil, - bin ich deshalb ein Egoist "wie alle anderen auch"? Das Seelenheil ist als höchstes Ziel aller Selbstsucht nicht denkbar, denn darin wäre kein Heil, - vielmehr hat die Selbstsucht nicht die Einheit mit Gott, sondern selbst Gott zu sein, zum höchsten Ziel. Das Seelenheil aber ist die Liebe Gottes, und wenn mir Seelenheil zuteil werden soll, kann ich es nicht ablehnen, ohne das Gute zu negieren. Wenn ich das absolut Gute, und nicht die Selbstsucht wähle, dann kann und muss ich bereit sein, alles bis auf mein Seelenheil zu opfern, - aber das Seelenheil, das Gute selbst, kann nicht dem Guten, sondern nur der Selbstsucht geopfert werden.
Das Faktische
Da das Böse keine eigenständige Entität ist, sondern die Negation des Guten, muss der Böse nicht das Böse gegen das Gute behaupten, - und es wäre auch nicht möglich, da reine Negation an sich nichts wäre, und der Böse somit dem Guten nichts entgegenzustellen hätte. Also behauptet das Böse nicht das Nichts, sondern ein bestimmtes Nichts, ein Zufälliges, und zwar das faktisch Bestehende. Das Bekenntnis zur normativen Kraft des Faktischen ist das Glaubensbekenntnis des Satanismus, welches, geläufiger formuliert, "Macht ist Recht" lautet. Wer den Idealisten mit Realitäten zurechtweisen will, wer sich auf "Es war schon immer so" oder "So ist es nunmal" beruft, ist nicht bloß zynisch, sondern dient bewusst dem Bösen.
Der ärgste Ismus
Der Realismus ist die absurdeste Ideologie: während andere Ideologien etwas verwirklichen wollen, was nur als Idee existiert (klassenlose Gesellschaft, Großdeutschland oder -albanien, die Erde ohne Menschen, globales Khalifat), ist die Realität bereits da, und kann nicht noch realer werden. Was will der Realismus denn erreichen, was ist der Imperativ des Realismus? "Unterwerfe dich dem Bestehenden voll und ganz, mach dich ganz zum Ding, werde vom Ich zum Es!" ?
Es gibt keine deskriptive Ideologie. Eine Ideologie ist eine wertende Weltanschauung. So wertet der Realist (in der umgangssprachlichen Bedeutung des Begriffs) etwa den Idealisten als weltfremden Träumer ab, und sich selbst als jemanden, der die Realität erkennt und ensprechend handelt, auf. Was es bedeutet, die Realität zu erkennen, und dementsprechend zu handeln, soll selbstevident sein und wird nicht weiter erklärt (weil mit dem "so ist nunmal die Realität" willkürliche Zwecke verschleiert und durch die "normative Kraft des Faktischen" legitimiert werden sollen, wobei wiederum das Faktische vom ursprünglichen Wortsinn nicht das an sich Seiende, sondern das Gemachte ist).
"Erkenne die Realität!" kann von keiner Ideologie als exklusiv vertretene Forderung aufgestellt werden, und somit nicht die Aussage des Realismus als Lebenseinstellung sein. Wer sagt "Ich bin doch nur realistisch", will betrügen, will aus kontingenten Entscheidungen objektive Sachzwänge machen.
Freitag, 3. Juni 2016
Asperger-Syndrom und Charakterbildung
Es ist wunderbar, mit dem Asperger-Syndrom, einem leichten Autismus, zu leben: du bist keiner dieser Langweiler, die sich für nichts interessieren, sondern entwickelst leicht und mit großer Begeisterung viele nonbanale Interessen. Du lachst über Spiegel-Artikel, die in erbärmlicher literarischer Qualität Einzelschicksale exploitieren, um über Themen zu berichten, - stattdessen brauchst du nur einen Blick auf Listen und Tabellen zu werfen, und weißt sofort, was Sache ist. Eine Ziffer ist für dich ein Mensch, 55 Millionen Tote sind keine kalte und unvorstellbare Zahl, nein, du blickst auf Zahlen und Diagramme, und weißt, was der Krieg angerichtet hat; du siehst hinter Tabellen und Graphen Schicksale. Du hast Mitleid nicht mit einer imaginären Mandy oder Chantal, sondern mit den realen Millionen Langzeitarbeitslosen, den Opfern des Bildungssystems, der allgemeinen Dekadenz und des geistig-moralischen Zustandes der Republik. Du genießt Wahlergebnisse und Fischer-Weltalmanach-Daten, wie andere bei Fussball-Weltmeisterschaften mitfiebern.
Du bist angenehm schüchtern, was oft als Ignoranz und Unfreundlichkeit missverstanden wird. Du hast mehr affektive Empathie und bist zu mehr Hilfsbereitschaft veranlagt als andere, zugleich hast du weniger kognitive Empathie, und nicht den Hang, Menschen zu manipulieren. Du kannst dich sehr gut in andere Menschen situativ hineinversetzen, kannst aber Mimik und Körpersprache nicht intuitiv verstehen. Dennoch überwiegen die Vorteile, besonders bei erhöhter Intelligenz. Du kannst Alleinsein gut ertragen, bist ein guter und verständnisvoller Zuhörer, den sowohl Frauen als auch weibischerweise Männer sich zum Zuhörerfreund auserkiesen. Du hast überhaupt keinen intuitiven Zugang zum anderen Geschlecht, und auch nicht zum eigenen, falls du schwul bist. Die Gefahr, eine schwere Jugendsünde zu begehen, die deine Gene weiterträgt, ist äußerst gering.
Das Leben mit leichtem Autismus ist gut, wenn du in Ruhe gelassen wirst, doch wenn du einer permanenten Kommunikationshölle ausgesetzt bist, aufgrund deiner geringen sozialen Kompetenzen zum Außenseiter wirst, den man dennoch nicht in Ruhe läßt, sondern zum Sündenbock macht, und der einen Minderwertigkeits- und Schuldkomplex entwickelt, aufgrund schwerer Depressionen suizidgefährdet wird, - dann hast du die Arschkarte mehrmals hintereinander gezogen. Da du zu Zwangsstörungen neigst, gehst du nach einer bestimmten Misshandlungsdauer und -intensität die Selbstwert-Abwärtsspirale auch ohne Fremdeinwirkung immer weiter runter, und oft kommt jede Hilfe zu spät, und du verabschiedest dich mit einem rücksichtsvoll vollstreckten und umweltfreundlichen Suizid.
Als Autist kannst du durch deine Direktheit oft andere verletzten, doch du wirst selbst unvergleichlich öfter verletzt: nicht nur durch Unverständnis, das wie ein Unfall passiert, und dem anderen daher nicht als Schuld anzurechnen ist, sondern auch durch absichtsvolle Gemeinheiten, respektlose Unterstellungen und böswillige Zuschreibungen. Es ist ein Vorteil, Asperger-Autist zu sein, aber kein Privileg – warum es kein Privileg ist, ist aus der das ganze Leben umgreifenden sozialen Benachteiligung zu erschließen; ein Vorteil ist es, weil viele frühe Verführungen, Taten zu begehen, die du später bereust, und Menschen so zu verletzen, dass du es nie wiedergutmachen kannst, aus Mangel an Gelegenheit ausbleiben. In Verbindung mit einer narzisstischen Störung ist das Asperger-Syndrom jedoch eine Gefahr, weil du die zahllosen Ungerechtigkeiten, die du erlitten haben wirst, nicht vergeben kannst, und auf Rache sinnst. Wenn du als autistisches Kind Narzissten ausgesetzt warst, kann das Erlittene keinen Vergleich scheuen, aber du hast einen derart scharfen Ekel gegenüber dem Egoismus entwickelt, dass du zu deinem angeboren übersteigertem Gerechtigkeitssinn eher Barmherzigkeit als Selbstgerechtigkeit hinzufügst, was zu einer Anlage zu einem souveränen moralischen Charakter werden kann, einfacher ausgedrückt, dir dabei helfen kann, ein wirklich guter Mensch zu werden.
Montag, 14. März 2016
MGTOW
In einer bürgerlich-biologistischen (aufgeklärt-abgeklärten) Gesellschaft ist die Bringschuld des Mannes die seinen sozialen Status bildende und sein finanzielles Auskommen sichernde Leistung, die Bringschuld der Frau ist ihre sexuelle Attraktivität. Nun haben sich die Frauen „bewegt“, und zu Männern gesagt: „Wir erkennen eure Leistung nicht an, und ihr dürft uns nicht nach unserem Aussehen bewerten“. Die nunmehrige Bringschuld des Mannes ist Leistung plus X, die Bringschuld der Frau ist nix. Die erste Folge davon war der Zeugungsstreik, und nun wenden sich immer mehr Männer von der Ehe ab, und manche entscheiden sich sogar gegen jedwede Art von Beziehungen mit Frauen („herbivores“, „MGTOW: men going their own way“).
Selbst Männer, die durchaus Lust auf Sex & more haben, halten sich lieber zurück, weil sie erstens dieses zusätzliche X in ihrer Bringschuld nicht verstehen (es ist mit Bedacht undefinierbar definiert), zweitens nicht gegen ihre Biologie handeln können (nicht das Aussehen der Frau ignorieren können), und drittens die neue Bringschuld-Aufteilung als unfair empfinden. Da diese drei Dinge zusammen kommen, gehen auch die „Sei ein Mann!“-Ordnungsrufe der frauenhörigen Geschlechtsgenossen ins Leere. Die Zukunft ist nicht weiblich, - sie gehört vielmehr dem alleinstehenden Mann.
Gegenwärtig vollzieht sich eine Entwicklung, die die sexuelle Einsamkeit des Mannes aus der sozialen Ächtung herausholt, und als einen respektierten Lebensstil etabliert. Um dem entgegenzuwirken, locken immer mehr Frauen mit einer Rückkehr zu „traditionellen“ Geschlechterrollen. Werden diese Frauen Erfolg haben, wird es einen Rechtsruck in der Gesellschaft geben; der unabhängige Mann verteidigt mit dem Nein zum „Traditionalismus“ nicht nur seine eigene Glaubwürdigkeit, sondern auch die Emanzipation der Frau.
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