Mittwoch, 3. April 2013

Ich hätte gekonnt haben können




Ein junger Mann steht auf einer Klippe und schaut ins Weite. Die Welt steht ihm offen. Er kann reisen, erfinden, entdecken, kämpfen, spielen, lernen, - er kann leben. Er hat aber Angst vor dem Leben, aus welchem psychologischen Grund auch immer. Da er auch Angst vor dem Tod hat, kann er sich nicht einfach in den Tod zurückziehen, um vor dem Leben zu fliehen. Er wählt den Stand-By-Modus: er gründet eine Familie, er heiratet.

Eine junge Frau steht auf einem Gipfel, blickt auf den herrlichen weißen Gletscher herab: die Königin der Welt. Liebe und Schmerz, Wissen und Macht, Sinn und Sinnlickeit: die Welt steht ihr offen. Das Leben ist kurzweilig und herrlich, unberechenbar wie ihre eigene Psyche, die sie aber wiederum aus welchen Gründen auch immer zur Angst vor dem Leben erzieht, zum Rückzug zwingt, - doch auch die Frau wählt den Tod nicht, sie heiratet, sie bekommt ein Kind.

Ach, wäre ich bloß nicht gebunden gewesen, rechtfertigt sich der Mann im "besten" Alter für all das Verpasste; ach, hätte ich bloß kein Kind bekommen, seufzt die vierzig- bis fünfzigjährige Frau. Aber ihre Kinder, sie werden es besser machen, als ihre Mütter und Väter, sie werden dann endlich leben - oder?