Freitag, 7. September 2018
Nur der Schlechtere will Gleichheit
Für den naiven Alltagsverstand oder die neidische Mediokrität scheint die Behauptung des moralischen Menschen, etwas besseres zu sein, nach dem Prinzip der sauren Trauben zu erfolgen. Wer keinen weltlichen Erfolg hat und in Paarungsangelegenheiten dauerhaft einsam ist, ist scheinbar ein Loser, also schlechter, und nicht besser, als der Mittelmäßige. Den Loser als Typus gibt es ja tatsächlich, nur kann dieser nicht ernsthaft behaupten, etwas besseres zu sein, gerade weil er ein Loser ist und durch seine Selbsterhöhung erst recht als solcher auffällt. Nein, der Schlechtere behauptet nicht sein Bessersein, sondern die Gleichheit aller. Und wer ostentativ die Gleichheit aller Menschen behauptet, tut es in der Regel im Bewusstsein, der Schlechtere zu sein.
Wer tatsächlich ein besserer Mensch ist, hat es einerseits schwer, sich an die Mediokrität oder Schlechtigkeit anderer anzupassen, und kann andererseits seine Prinzipien für den weltlichen Erfolg und seine moralischen Mindestansprüche für das Überwinden der Einsamkeit nicht aufgeben. Im Gegensatz zum Loser lebt der Bessere unabhängig und selbstbestimmt sein Leben, und verbittert nicht im Neid und Ressentiment. Weil er der Bessere ist, und weil das Bessersein ihn viel kostet (der Preis dafür ist in der Regel Einsamkeit und weltlicher Misserfolg), will er auch nicht mit schlechteren als er selbst gleich gestellt werden. Behauptet er dennoch Gleichheit, dann nur gönnerhaft und aus sicherer Überlegenheit heraus.
Kann nur der mediokre Mensch in dieser Welt glücklich werden, wenn der Bessere sein Bessersein teuer erkaufen muss, und der Schlechtere in Frust und Ressentiment verzweifelt?