Donnerstag, 29. November 2018

Deutsche und englische Welterfahrung





Ein Flugzeug aus Aluminium trifft auf dicht beieinanderstehende massive Stahlträger eines Hochhauses mit lächerlichen 200 Metern pro Sekunde und geht durch diese hindurch wie ein Messer durch Wackelpudding. Für den empiristischen Engländer ist der Fall klar: was ich gesehen habe, habe ich gesehen, und wenn die Gesetze der Physik das nicht erlauben, dann müssen sie neu geschrieben werden. Der Deutsche ist Rationalist: was die Gesetze der Physik nicht erlauben, kann nicht sein, also sind die Videoaufnahmen unecht oder ich habe falsch hingeguckt. Die Gesetze der Physik werden jedoch ständig revidiert, stimmen niemals endgültig. 

Da der Rationalist nie zu einer endgültigen Wahrheit gelangen kann, ist er dogmatisch und paranoid, klammert sich an das bestehende Weltbild und kämpft gegen alle Fakten, die diesem widersprechen. Der Empirist ist schizophren - er muss einerseits davon ausgehen, dass die Natur in der Form der Gesetzmäßigkeit auftritt, um Wissenschaft, Technik und Wettervorhersagen zu ermöglichen, andererseits muss er mit Beobachtungen, die den Naturgesetzen widersprechen, leben. So wie der Paranoiker den totalen Krieg will, inszeniert der Schizo selbst Terroranschläge, um in einen Krieg gegen den Terror zu ziehen.   

Dienstag, 27. November 2018

Die schlechtesten Filme





Der Gute ertappt endlich den Bösen auf frischer Tat, stellt ihn, hat ihn. Alles geht: er kann ihn töten, ihm verzeihen, ihm das Leben schenken, ihn entwischen lassen, ihn bekehren, oder sich ihm opfern, damit er - eins, acht, sieben, - etwas lernt. Was aber nicht geht, und ich wiederhole, ein absolutes no go ist: wenn der Böse im Finale eines Films durch eine eigene Dummheit stirbt, wo er doch die ganze Geschichte lang so superschlau war, oder durch eine Ungeschicklichkeit, wo er doch stets so flink war, und der Gerechtigkeit entwischte. Solche Filme sind widerlicher als jede provokante Obszönität: wenn dem Guten der Konflikt am Ende erspart wird, wenn er den Bösen, den er schnappt, nichts selbst töten oder aber laufen lassen muss, wenn die Geschichte die Heldenhände in Unschuld wäscht, und der Böse alles Böse selbst zu verantworten und mit eigener Hand herbeizuführen hat, auch die harte Gerechtigkeit, wenn sie ihn treffen muss.

Sonntag, 25. November 2018

Kindschaft und Sklaverei





Der Säugling ist Tier, der Erwachsene ist Gott; das Kleinkind ist Sklave, der Erwachsene ist Sklavenhalter; das Kind ist Leibeigener, der Erwachsene ist Feudalherr; der Heranwachsende ist Besitzloser, der Erwachsene ist Eigentümer - ein normaler, durch den jeweiligen Entwicklungsstand des Kindes bedingter Vorgang (der Säugling muss fortwährend am Leben gehalten werden; das Kleinkind bringt sich in Lebensgefahr, wenn es nicht physisch gezwungen (durch physische Kraftanwendung von Handlungen abgehalten) wird; das Kind braucht klare Regeln und feste Autoritäten; der Heranwachsende kann noch keine Erwerbsarbeit leisten, und muss dies noch lernen). 

Normal ist aber auch, dass nach dem Ablauf der jeweiligen Phase die Letztere auch emotional in beiden sich aufeinander als Kind und Bezugsperson beziehenden Köpfen überwunden wird, - an einem bestimmten Punkt der geistigen Entwicklung des Kindes (meist am Beginn der Emanzipation seiner Persönlichkeit) kommen die Erwachsenen nicht mehr mit oder verfallen emotional in einen Regress, welcher die an sich selbst unproblematische Pubertät des Kindes erst zu einer kritischen Zeit für beide Parteien macht.

Dienstag, 13. November 2018

Ichlose Iche





Wer zurecht Ich zu sich sagt, käme nie auf die Idee, ein Kind in die Welt zu setzen: er ist selbst zu sehr Einzelwesen, um sich in der Gattung zu verlieren, und hat zu viel Respekt vor dem Ich des werden könnenden Menschen. Wer kein Ich hat, ist dennoch ein äußerlich Einzelner, wie etwa ein Affe oder ein Baum, und kann alles vom Bauchweh bis Beleidigtsein empfinden, - was er nicht kann, ist, sich selbst zu denken, und den Anderen als ein Ich zu denken. So jemand setzt gedankenlos Kinder in die Welt, wobei hier vielmehr nicht er selbst handelt, sondern die Gattung durch ihn handelt, indem sie ihn durch unzählige Manipulationsmöglichkeiten durch Triebe, genetische Veranlagungen und Hormone als Vehikel zu ihrer Fortpflanzung benutzt.