Montag, 28. Oktober 2019

Was ist Ultradekadenz?





Um kein Schimpfwort, sondern einen exakten Begriff zu verwenden, nenne ich die gegenwärtige abendländische Zivilistaion nicht dekadent, sondern ultradekadent. Was ist der Unterschied? Dafür sehen wir uns als Beispiel die Einstellung der Gesellschaft gegenüber der Jungfräulichkeit an. Angenommen, jemand, männlich oder weiblich, 30 Jahre alt, hatte noch nie Sex.

In Zeiten der Kultur gilt Jungfräulichkeit als gut und Sex als okay (ideational) oder gut (idealistisch) im Rahmen der Ehe. In Zeiten der Dekadenz sind sowohl Jungfräulichkeit als auch sexuelle Erfahrenheit gleichermaßen okay, das ist der klassische Liberalismus, der das Leben und Lebenlassen zum Prinzip hat. In Zeiten der Ultradekadenz gilt es als peinlich, mit 30 noch Jungfrau zu sein, wogegen ein „erfolgreiches“ promiskuitives Sexleben als erstrebenswert gilt.

Eine Kultur zu ihrer Höhezeit ist ideational oder idealistisch und an transzendenten Wertvorstellungen orientiert. Die Dekadenzphase ist durch einen Kompromiss zwischen Idealismus und Hedonismus gekennzeichnet. Wird der Hedonismus zur Norm, so handelt es sich um Ultradekadenz.

Freitag, 25. Oktober 2019

Das Sexuelle in der soziosexuellen Hierarchie





Je höher der Status in der soziosexuellen Hierarchie, umso attraktiver ist ein Mann für Frauen. Doch diese Banalität erschöpft das Sexuelle in der Hierarchie keineswegs. Vor allem dann nicht, wenn eine Gesellschaft Monogamie vorschreibt, und sexuelle Kontakte als Norm durch Liebesbeziehungen vermittelt werden, und Promiskuität, Zweckehe und Prostituition Abweichungen von der Norm darstellen.

Die Liebesfähigkeit und das Liebesbedürfnis sind dem Menschen innerlich, während eine soziale Hierarchie äußerlich ist. Menschen unterteilen sich grundsätzlich durch die anthropologische Trias in Solaristen, Lunaristen und chthonische Telluristen. Der Solarist ist zu starker einseitiger Liebe fähig, und will vor allem, dass seine Liebe angenommen und gewürdigt wird. Der Lunarist kann mit einer bloß gewürdigten Liebe nichts anfangen, und ist gekränkt, wenn seine Liebe nicht erwidert wird. Der Tellurist/Chthoniker kann Liebe nur erwidern, aber nicht von sich aus lieben.

Somit entspricht das Idealbild der Frau beim Solaristen der Tochter, beim Lunaristen der Ehefrau (weiningerianisch: Dirne) und beim Telluristen der Mutter. Alphas entstehen durch starke (und nicht toxische) Mutterliebe und bleiben emotional vom Geliebtwerden abhängig; ein typischer Alpha ist ein Lunarist mit starkem Selbstwertgefühl. Betas haben Liebe weniger emotional und mehr als Loyalität erlebt und neigen zur leidenschaftslosen loyalen Bindung. Gammas sind in der Regel verwöhnt und in der Ausnahme vernachlässigt worden, wobei das Verwöhntwerden oft der elterlichen Unfähigkeit, direkt emotional Liebe zu zeigen, entsprang (aber auch übermäßige und toxische Mutterliebe, insbesondere bei Vaterlosigkeit, verursacht Gammas).

Ideale Deltas sind wie Betas, jedoch subsummiert sich unter dem Delta-Rang aufgrund dessen zahlenmäßiger Dominanz alles menschlich Normale mit geringen zeitalter- und gesellschaftstypischen Abweichungen. Aufgrund geringer Akttraktivität für Frauen sind Deltas oft gezwungen, einseitig zu lieben (Pseudosolarismus bzw. pseudo-ideationales Mindset nach Pitirim Sorokin), sind aber in der Mehrheit eher vom Geliebtwerden abhängig (diese Mehrheit ergibt sich aus den sich überlappenden Mehrheiten der Deltas unter den Männern und der Telluristen allgemein). So hat der Delta oft eine Mutter-Frau, die er aber einseitig liebt (und die ihm gegenüber nur loyal ist).

Omegas kommen in der Regel aus dysfunktionalen Familien und haben folglich schwere Beziehungsprobleme. Sie werden als unwürdige Liebespartner angesehen und ihnen mangelt es an jeglicher Liebeserfahrung: weder die Mutter noch die Mädchen in der Schule haben den Omegas weibliche Zuwendung zukommen lassen. Der Omega ist durch seine große emotionale Bedürftigkeit gekennzeichnet. Lambdas stehen außerhalb der soziosexuellen Hierarchie der Männer, weil sie in der Regel schwul sind, und somit nicht mit anderen Männern um Frauen konkurrieren. Sigmas sind starke, oft resiliente Persönlichkeiten, die unabhängig von der Kindheitserfahrung nicht auf Geliebtwerden angewiesen sind, doch selbst stark und einseitig (beschützerisch-idealisierend) lieben können. Der Sigma-Rang entspricht am besten dem solaren Menschentyp.




Donnerstag, 24. Oktober 2019

Warum Narzissten immer Gammas sind





Können Narzissten Alphas sein? Alphas übernehmen Verantwortung, worauf auch ihr Führungsanspruch in der Gruppe basiert. Narzissten fliehen vor Verantwortung. Nur wenn es keine Konsequenzen hat, geben sie zu, für etwas verantwortlich zu sein, weil es ihrem Ego guttut, als Ursache von etwas (egal ob positiv oder negativ) wahrgenommen zu werden. Ein Alpha sorgt sich um seine Leute, ein Narzisst benutzt andere Menschen als bloßes Mittel. Um ein Beta/Bravo zu sein, ist der Narzisst nicht loyal genug, zu selbstsüchtig. Außerdem ist die Haupttriebfeder des Narzissten der Neid, weshalb es die Beta-Position grundsätzlich auf Dauer nicht ertragen kann.

Können Narzissten Sigmas sein? Das Hauptmerkmal eines Sigma ist ein starker Charakter, der spirituelles Wachstum und ständige Weiterentwicklung zur Folge hat. Ein Narzisst kann sich nicht weiterentwickeln, da er keinen Bedarf sieht, sich zu verändern. Dafür ist er ein Anpassungskünstler, ein charakterloser Opportunist. Die Selbstimmanenz des Narzissten verhindert die für den Sigma-Status unerlässliche Triebfeder der Selbsttranszendenz.

Der höchste Rang in der soziosexuellen Hierarchie (der sozialen Hierarchie der Männer), den ein Narzisst erreichen kann, ist der Gamma-Rang. Ein dem Gamma oder Delta gleichwertiger Außenseiter, ein Lambda, kann er nicht werden, da er nicht allein sein kann, sondern auf narcissistic supply von anderen Menschen angewiesen ist. Ein Narzisst ist das Gegenteil von selbstgenügsam, er ist parasitär, ein emotionaler Vampir. Da sich der Narzisst für etwas Besonderes hält, wird er lieber ein schwacher Gamma als ein starker Delta (der Delta-Rang basiert darauf, nichts Besonderes zu sein).

Als in der Regel schwacher Gamma parasitiert der Narzisst auf dem Wohlwollen und dem Mitgefühl anderer Menschen, manipuliert sie, und sorgt mit allen Mitteln dafür, nicht allein gelassen zu werden. Wenn in der Gesellschaft das Bewusstsein über die Bosheit der Narzissten und die Schädlichkeit ihres Verhaltens wächst, rutscht der durchschnittliche Narzisst ohne besondere Begabungen zwangsläufig auf den Omega-Rang hinab; da er nicht fähig ist, selbstgenügsamer Außenseiter zu sein, wird er sich auf dem niedrigsten Rang innerhalb der Hierarchie wiederfinden, als Fußabtreter-Omega.

Sonntag, 20. Oktober 2019

Weiningerianische Ontologie





M ist Ich, W ist Nichts. Gott ist 100% M, absolutes Ich (in der dionysischen Logik Hegels sind Sein und Nichts dasselbe). Natur ist entropisches Streben zu 50/50 (Vitalspannung 0), materialisiertes Nichts. 100% W ist kein Nichts von einem Etwas, sondern schöpferisches Nichts, Nichts, aus dem geschöpft werden kann (in der modernen Physik: spontane Entstehung von Teilchen und Antiteilchen im absoluten Vakuum, darauf basiert die neueste Version der Urknall-Hypothese).

Sein ist Ich, Existenz ist Ego. Was nicht reines Sein ist, tritt als Seiendes in die Existenz. Solare Existenz (hohe Vitalspannung) ist Dasein, lunare Existenz ist Samsara, chthonische Existenz ist Matrix (Simulation).

M ist Bewusstsein, W ist Reinheit. Gott ist absolutes Bewusstsein, alles ist in Gott. Transzendent ist die absolute Reinheit, das vollkommene Schöne als höchstes Weibliches. M emaniert als Geist, W als Seele (solar); M als Individuum, W als Gattung (lunar); M als Kraft, W als Materie (chthonisch).

Samstag, 19. Oktober 2019

Der Feminismus des kapitalistischen Systems




Warum setzt das spätkapitalistische Weltsystem auf den Feminismus? In der materialistischen Ontologie des Systems darf es keine freien menschlichen Subjekte geben. Anscheinend folgt das automatische Subjekt, das Kapital, Otto Weiningers Formel „Das absolute Weib hat kein Ich“: die Frauen und verweiblichten Männer haben keinen metaphysischen, auf freiem Willen basierenden Subjekt-Status und sind damit bloße Objekte ohne Kraft zum Widerstand.

Der Wert der Frau ist im feministischen Kapitalismus der Postmoderne positiv, der Wert des Mannes negativ: beide sind sexuelle Wesen, doch der Mann kauft Sex, die Frau aber lässt sich für Sex bezahlen. Menschliche Verhältnisse streben zum materialistischen Endziel der totalen Prostitution.

Aber auch die Ware hat, weil sie Objekt ist, einen positiven Wert, während der Mensch als Käufer und Arbeitskraft einen negativen Wert hat: der Lamborghini ist an sich etwas wert, der Arbeiter muss sich den Wert des Autos erarbeiten. So ist der Mensch an sich, und insbesondere der Mann, das unerwünschte „negative“ Subjekt, das vom System entweder vernichtet oder verweiblicht wird.

Mittwoch, 16. Oktober 2019

Wert und Privileg





Ein privilegierter Solarist lässt jeden zu seinem Recht kommen und nutzt die privilegierte Stellung nicht eigennützig, sondern zum Wohle aller. Ein Lunarist benimmt sich in privilegierter Situation gönnerhaft und lässt den anderen wissen: Du bist ein Mensch wie ich, jedoch bist du der gewöhnliche und ich der vortreffliche Mensch. Gehört der Chthoniker zur privilegierten Klasse, neigt er zur Dehumanisierung der anderen, indem er deren höhere Empfindungsfähigkeit leugnet, ihnen gewaltsam Eigenschaften wie Dummheit, Neid, Bosheit usw. zuschreibt, sie bevormundet und erniedrigt.

Je höher die Diskrepanz zwischen Wert und Privileg, umso egoistischer der Umgang mit Privilegien. Nicht die soziale Stratifikation, sondern der Umstand, dass Scheiße in einer dekadenten Gesellschaft oben schwimmt, sorgt für allgemeine Unzufriedenheit und soziale Spannungen. Eine noch vitale Gesellschaft entledigt sich durch eine Revolution ihrer unwürdigen Elite, eine degenerierte Gesellschaft zerfällt und wohnt apathisch der Eroberung ihres Lebensraums durch vitale Neuankömmlinge bei.

Freitag, 11. Oktober 2019

Der Omega-Joker




Im vielbejubelten Film „The Dark Knight“ (2008) ist der Joker, wichtigster Schurke in Batmans Welt, ein Gamma-Mann. Deshalb wurde der von Heath Ledger verkörperte Joker, dieser abscheuliche Psychopath, von den Medien gefeiert. Er hat weder polarisiert noch hat er Vorwürfe wie „gewaltverherrlichend“ geerntet, sondern wurde durchweg gelobt. Mit dem „Joker“ (2019), gespielt von Joaquin Phoenix, verhält es sich nun anders: das ganze verfügbare Buzzword-Bingo-Arsenal wird abgefeuert und der Film in den amerikanischen und deutschen Medien sogar als gefährlich bezeichnet (was man ansonsten aus den Medien autoritärer Staaten kennt).

Hollywood ist eine Gamma-Traumfabrik: die Gamma-Männer ähneln von allen Männern am meisten den Frauen, wähnen sich als „heimliche Alphas“, tagträumen davon, „entdeckt“ oder „erkannt“ zu werden, sind in der Regel narzisstische, verwöhnte Kinder mit unbegründeter Anspruchshaltung, voller Neid und Selbstmitleid. Aber sie kommen aus der Mitte der Gesellschaft: der Gamma-Rang ist gegenüber den Durchschnittsmännern, der stillen Mehrheit der Deltas, privilegiert. Der neue Joker ist ein Omega-Mann in der soziosexuellen Hierarchie. Und damit bricht der Film ein grundlegendes Tabu: er fordert Empathie (nicht zu verwechseln mit Sympathie) für einen Omega.

Der Omega hat in unserer Gesellschaft unsichtbar zu sein, er gehört zur Kaste der Unberührbaren. Selbstverständlich ist ein Omega in der Regel auch ein „Incel“, ein von Frauen verachteter oder für Frauen unsichtbarer Mann, weil er eben in der Hierarchie ganz unten ist. Während die Gesellschaft dem Selbstmitleid des Gamma mit Empathie begegnet, ignoriert sie das tatsächliche Leid des Omega. Er hat es am schwersten, aber sein Leid zu thematisieren ist tabu. Die Gesellschaft nimmt gegenüber dem Omega-Mann die Position des Bonzen im Film ein: für die Gesellschaft sind die Omegas „Clowns“, Loser, an allem selber schuld. Darum werden auch die Incels nicht als leidende Männer gesehen, was sie in erster Linie sind, sondern als Frauenhasser.

So lässt sich die Verweigerung der Empathie gegenüber den Omegas rechtfertigen: man wirft ihnen ebendas vor, was die Folge des zynischen und mitleidlosen Verhaltens der Gesellschaft ihnen gegenüber ist, uns sagt dann, dass sie, weil sie so hasserfüllt und verbittert sind, kein Mitgefühl verdienen. Es ist ein universelles psychosoziales Gesetz, dass die Gesellschaft den benachteiligen Gruppen die Folgen der Benachteiligung als ihre eigene Schuld vorwirft. Der neue Joker-Film macht das Gegenteil: er hält der Gesellschaft den Spiegel vor. Die Gewalt des Jokers wird nicht mehr verherrlicht und sein Nihilismus nicht mehr romantisiert als in „The Dark Knight“, aber Ledgers Joker hatte Anspruch auf Empathie, weil er ein Gamma war, und dieser Omega-Joker ist, was jeder Verreißer des Films denkt und nicht ausspricht, nur Abschaum, und wie kann man es nur wagen, diesen Abschaum zu vermenschlichen!