Sonntag, 21. Juni 2020
Es war der Omega!
Im Film "Der Fall Richard Jewell" überschlagen sich Film und Wirklichkeit: Folgendes ist tatsächlich passiert. Ein unscheinbarer übergewichtiger Security-Typ mit geringem Selbstvertrauen, der bei seiner Mutter wohnt, Waffen besitzt, gern schießt und jagt, wird zum Helden, indem er bei einem Bombenanschlag die Bombe rechtzeitig entdeckt und Schlimmeres verhindert. Doch in dieses Profil passt der Omega Jewell so gar nicht, stattdessen in ein anderes: ein frustrierter Mann mittleren Alters, der selbst die Bombe legt, um als Held berühmt zu werden. Die Story ist so glaubhaft, dass die Öffentlichkeit sofort überzeugt ist, der vermeintlich vermeintliche Held sei der Täter.
Als Zweifel an der Schuld des Omega-Mannes aufkommen, der sein Leben lang verzweifelt versucht, ein starker Delta zu werden (er will nichts Besonderes sein, sondern seinen Beitrag in der Gesellschaft leisten und dafür respektiert werden), ist sein Schicksal dem Staat und der Presse einfach zu wenig wert, um ihn in Ruhe zu lassen und weiter nach dem wahren Täter zu suchen: der FBI-Ermittler erntet den Ruhm, den Bombenleger gefasst zu haben, die Reporterin feiert einen Erfolg mit ihrer sensationellen Story, der Staat kann den Bürgern weiterhin vorgaukeln, sie vor terroristischer Bedrohung schützen zu können, indem der vermeintliche Täter schnell gefasst wird.
Anders als der Joker (2019) ist Richard Jewell eine reale Person, deren Leben durch die Medienhetze zerstört wurde und die mitunter an den Folgen der Mediankampagne schwer erkrankte und frühzeitig starb. Der Fall Richard Jewell ist aber nur deshalb bekannt geworden und verfilmt worden, weil die Unschuld dieses Helden letztlich doch erwiesen wurde. Wie viele Omegas werden aber von der Gesellschaft als Sündenböcke geschlachtet, nur weil die Story sich plausibel anhört, nur damit Staatsbeamte und Journalisten Karriere machen können, nur damit die Leute wieder ein Gefühl von Sicherheit haben!
Laut Vox Day muss man davon ausgehen, dass wenn einer Amok gelaufen ist, es mit großer Wahrscheinlichkeit ein Omega war. Ja, manchmal laufen Omegas Amok, aber es ist eher ein Wunder, dass so wenige Omegas Amok laufen angesichts dessen was die Gesellschaft ihnen antut. Als es um die Joker-Kontroverse ging, stellte der Youtuber Sargon of Akkad lapidar fest: „We live in a society“. Der fiktive Joker läuft Amok nicht im Vakuum. Es gibt Gründe dafür. Während sich der Joker-Film auf die Verwandlung eines gebrochenen Mannes in einen Schurken konzentriert, zeigt der andere große Omega-Film von 2019 den realen gesellschaftlichen Hintergrund, der jemanden wie Joker sowohl möglich als auch nötig macht.