Mittwoch, 14. Juli 2021

VVV 6: ENTJ

 

 

 

 

Te.......................

.........Ni

Se

...Fi


Altruismus ist die Tugend eines Kommandeurs (ENTJ). Mit der Hauptfunktion extravertiertes Denken führt der Führer, unterstützt von der introvertierten Ausgleichsfunktion introvertierte Intuition, die für den Willen steht. Gerät er jedoch in einen Te-Se-Loop, einen Zirkel aus seinen extravertierten Funktionen, wird er selbstsüchtig und willenlos bzw. der Wille ordnet sich den Neigungen unter. In der Tat bedeutet das die Verkehrtheit des Willens nach Kant: eine andere Maxime als der kategorische Imperativ wird bewusst als Maxime des Willens gewählt.

Anders ein reifer ENTJ mit einem starken Willen: in der Kraft des Willens liegt auch seine Freiheit, die Wahl einer frei willensbestimmten nicht triebgesteuerten Handlungsmaxime wird erst dadurch möglich. Ein willensschwacher ENTJ ist ein egoistischer ENTJ.


Te: extravertiertes Denken
Ni: introvertierte Intuition
Se: extravertierte Sinnlichkeit
Fi: introvertiertes Fühlen

Sonntag, 4. Juli 2021

Kognitive Funktionen IV: Sinnlichkeit

 

 

 

"Nichts war im Verstande, was nicht vorher in den Sinnen war". Der Satz ist Legende. Und noch legendärer die Antwort: "Außer dem Verstande selbst". Locke wollte nichts gelten lassen, was auch in einem Gehirn im Tank passieren könnte: der Rationalismus kann die Denkimmanenz nicht durchbrechen. Doch Leibniz wusste, dass es unerlässlichst des Verstandes bedurfte, um die empirische Mannigfaltigkeit zu deuten. Kant fällte schließlich den Richterspruch der Vernunft, dass die Sinnlichkeit ohne das Denken blind, und das Denken ohne das Material der Sinneseindrücke leer sei.

Nur die sinnliche Wahrnehmung verbindet das Bewusstsein, scheinbar unmittelbar, mit etwas außerhalb seiner selbst. Intuitive Wahrnehmung ist interpersonal, also vermittelt. Schmerz und Begierde zeigen die Sinnlichkeit als das existenziell Ursprüngliche. Und dieses Ursprüngliche ist außen, während das Fühlen innen an der Außengrenze, das Denken noch weiter im Inneren und die Intuition das Innerlichste ist.

Eine Erinnerung an frühere In- und Reinkarnationen könnte, sofern für möglich gehalten, nur durch Intuition geleistet werden, aber niemals logisch bewiesen, ja nicht einmal rational behauptet werden. Die wertenden Funktionen Denken und Fühlen kennen das Wissen, das Glauben und das Meinen. Die wahrnehmende Intuition kennt das Ahnen, die wahrnehmende Sinnlichkeit kennt die unmittelbare sinnliche Gewissheit, die durch das Denken widerlegt (Hegels Phänomenologie des Geistes) und durch das Fühlen bezweifelt wird (pyrrhonische Skepsis).

Kognitive Funktionen III: Intuition

 

 

 

Ich kannte den Begriff eine lange Zeit nur durch den Ausdruck "weibliche Intuition". Weiblich ist aber das Fühlen, nicht die Intuition: das (männliche) Denken richtet sich nach den Sätzen der Logik, z. B. dem Satz der Identität und dem Satz des zu vermeidenden Widerspruchs. Das (weibliche) Fühlen lässt zwei widersprüchliche Gefühle zugleich zu, z. B. Angst und Abscheu vor einer Vergewaltigung und die lustbesetzte Vergewaltigungsphantasie. Der Mann interpretiert dies entweder so: "Unschuldiger Engel, muss beschützt werden" oder "Dreckige Nutte, will vergewaltigt werden". Er will mit dem Denken Gefühle verstehen, und das ist unmöglich: Gefühle werden mit dem Einfühlen (Empathie) verstanden.

Aber was ist Intuition? Eine wahrnehmende, keine wertende kognitive Funktion. Wahrnehmung wird intuitiv mit Sinnlichkeit gleichgesetzt. Wie das Wort "intuitiv" im Satz verwendet wird, zeigt, dass Intuition kein Denkakt ist, sondern auf alle vorangegangenen Denkakte rekurriert. Intuition ist nicht sinnliches, sondern geistiges Wahrnehmen. Gefühlt ist Intuition näher am Denken als am Fühlen: Daniel Kahneman nennt das, was der kognitiven Funktion der Intuition entspricht "schnelles Denken" und das eigentliche Denken "langsames Denken". Intuition ist aber mehr als anstrenglungsloses Denken auf Autopilot.

Der intuitive Verstand sieht das Ganze, das bloße Denken ohne Intuition würde keinen Wald erkennen, sondern nur Bäume. Wenn die Definition von Wald "100 und mehr Bäume" wäre, würde das Denken die Bäume zählen und durch das Ergebnis feststellen, ob es sich um einen Wald handelt. Und ist es wirklich ein Fehler, wenn die Intuition in Bruchteilen einer Sekunde 98 Bäume als einen Wald erkennt?

Extravertierte Intuition (Ne) ist Bäuerinnenschläue, extravertiertes Fühlen (Fe) ist kognitive Empathie. Der weibliche, nicht trennende, sondern verbindende Zugang zur Außenwelt, braucht keine langen Analysen, um die Lage zu checken. Dominieren diese beiden Funktionen (wie insbesondere bei ESFJs und ENTPs), ist es leichter, herauszufinden, was andere wollen, als was man selbst will. Introvertierte Intuition (Ni) ist dagegen das Zielsuchgerät der individuellen Sinnfindung und konzentriert die Willenskraft auf einen Punkt.

Freitag, 2. Juli 2021

Kognitive Funktionen II: Denken

 

 

 

Denken ist Unterscheiden (Dihairesis), aktives Bewusstsein. Passives, wahrnehmendes Bewusstsein ist die Sinnlichkeit. Die Philosophietradition in ihrem herrlich-herrschaftlichen Androzentrismus konzentriert sich auf Denken und Sinnlichkeit, die kognitiven Funktionen Fühlen und Intuition nimmt sie nicht für voll.

Extravertierte Sinnlichkeit (Se) ist Greifen, extravertiertes Denken (Te) ist Begreifen, beides maskuline Weltbezüge. Extravertiertes Fühlen (Fe) und extravertierte Intuition (Ne) sind weibliche Beziehungsformen zur Außenwelt.

Denken bezieht sich nicht unmittelbar auf die Außenwelt, sondern auf die Sinneswahrnehmung (Empirismus) und sich selbst (Rationalismus). Extravertiertes Denken findet Zusammenhänge, introvertiertes Denken prüft Widersprüche.

Denken unterscheidet nicht nur Bewusstseinsinhalte und Dinge voneinander, sondern auch sich selbst vom Gedachten (Subjekt/Objekt), Fühlen setzt sich hingegen in Beziehung zum Gefühlten.

Kognitive Funktionen I: Fühlen

 

 

 

Empathie (extravertiertes Fühlen: zerstreute Empathie; intovertiertes Fühlen: konzentrierte Empathie) ist an der Schwelle zwischen Wahrnehmen und Handeln.

Extravertiertes Fühlen (Fe): Ich nehme die Gefühle anderer Menschen wahr und fühle mit.

Introvertiertes Fühlen (Fi): Wenn ich verliebt bin, ist das ein Zustand, den ich an mir selbst wahrnehme, aber Verliebtsein bedeutet zugleich, dass ich liebe, in wen ich verliebt bin, d. h. es ist ein Zustand, der zugleich auch eine Handlung ist.

Fühlen ist mehr als bloßes Wahrnehmen (es ist teilnehmendes Wahrnehmen), aber weniger als reines Handeln (weil kein absichtsvolles Handeln). Denken ist dagegen bewusstes, aber distanziertes kognitives Handeln (Subjekt/Objekt): urteilen und schließen, lösen und werten.

Fühlen ist schwach wertend, Denken ist stark wertend.