Dienstag, 26. Juni 2018
Die Substanzhierarchie
Das Schöne als Selbstzweck ist die absolute Substanz. Das absolute Schöne ist das Vollkommene, substanzmäßig Leerheit. Das absolute Gute ist die Reinheit des Schönen. Das Gute als Substanz ist der gute Wille; Substanz emaniert und ist gradualisierbar. Die absolute Wahrheit ist, dass das absolute Gute absolut gut ist. Die objektive Wahrheit ist, das Seiendes ist, und alles hieraus Folgende. Die subjektive Wahrheit ist die Wahrhaftigkeit, der Wille zur Wahrheit.
Das Absolute ist ewig und unveränderbar (solar), die Substanz emaniert (lunar), die Kreatur ist das aus der Substanz Emanierte (chthonisch).
Montag, 25. Juni 2018
Die absolute Wahrheit
Warum ist etwas und nicht nichts? Damit diese Frage gestellt werden kann, muss es wahr sein, dass etwas ist, und nicht nichts. Weil es wahr ist, ist der Nihilismus widerlegt. Das bedeutet, dass es wahren, absoluten Wert gibt (und der höchste Wille, der Wille zum Wert, nicht ins Leere geht). Weil es absoluten Wert gibt, gibt es das Gute. Warum ist etwas und nicht nichts? Weil es gut ist, dass etwas ist, und nicht nichts. Dass etwas ist, und nicht nichts, kann nur gut sein, wenn es einen absoluten Selbstzweck gibt. Das Gute ist nicht Selbstzweck, und kann nicht mit noch höherem Guten erklärt werden, weil dies in die leere Unendlichkeit führt. Der absolute Selbstzweck kann nur das sein, um dessen willen das Weltganze gut sein muss, und das nicht sein könnte, wenn das Weltganze nicht gut wäre. Der absolute Selbstzweck ist das Schöne.
Das Schöne ist absolut rein. Das absolute Gute ist die Reinheit des Schönen. Die absolute Wahrheit ist, dass das absolute Gute absolut gut ist.
Sonntag, 17. Juni 2018
Warum Gott?
Woher Gott? Falsche Frage. Ein historisch-unkritisches Wegkulturalisieren des Absoluten geht an der Sache vorbei. Wozu Gott? Noch falscher: das Absolute ist nicht das Absolute, wenn es Mittel zum Zweck ist. Warum Gott? Wie kommt der Mensch auf die Idee Gottes?
Die menschenähnlichen Götter der antiken Welt sind naive Vorstellungen, aber keine Idee Gottes im philosophischen Sinn. Gott ist das höchste, das absolute Wesen, - das ist trivial. Interessant ist aber: Gott ist eine Person.
Ja, Gott ist ein Einzelwesen, ein Individuum. Gott ist die Allheit als Eines, die Alleinheit. Das lässt sich leicht missverstehen, so als wäre Gott die All-einheit, dabei ist Gott vielmehr die Allein-heit, die Einzel(n)heit des Absoluten.
Gott ist Geist: nur Geist kann Persönlichkeit haben, eine Person sein. Gott als Person bedeutet, dass das Absolute geistig ist, und dass die Welt als Totalität vernünftig ist, - nicht nur im logisch-mathematischen, sondern auch im moralischen Sinn. Das Höchste ist ein Ich, kein Es.
Ohne Gott, ohne Geist sind wir nur Tiere. Gottes Menschheit ist nicht die Menschheit als Gattung, sondern die Menschheit als (moralische) Person. Gott als Person zu denken bedeutet, dass wir Menschen als vernünftige Wesen eine Würde haben, einen absoluten Wert. Für die Gattung, das höchste Prinzip unserer tierischen Natur, haben wir nur einen relativen Wert, sind nur Mittel zum Zweck ihrer end- und sinnlosen Reproduktion.
Dienstag, 12. Juni 2018
Die Reinheit des Guten
Die edelste und zugleich aussichtsloseste Veranstaltung ist es, ein moralisch guter Mensch sein zu wollen. In der ersten Vorrede zu seiner Religionsschrift von 1793 sagt Kant: "Die Moral, so fern sie auf dem Begriffe des Menschen, als eines freien, eben darum aber auch sich selbst durch seine Vernunft an unbedingte Gesetze bindenden Wesens, gegründet ist, bedarf weder der Idee eines andern Wesens über ihm, um seine Pflicht zu erkennen, noch einer andern Triebfeder als des Gesetzes selbst, um sie zu beobachten". Was moralisch ist, versteht sich von selbst: handle so, dass die Maxime deines Willens ein allgemeines Gesetz werden könnte, - legt Kant der Metaphysik der Sitten grund. Das Gute ist zu tun, weil es gut ist, und aus keinem anderen Grund.
Das Gute ist zu tun, und auf Glückseligkeit ist zu hoffen. Das erhoffte Paradies darf nicht der Grund dazu sein, moralisch zu handeln, aber Letzteres macht einen Menschen würdig, in dieses Paradies einzutreten. In der Theorie schon. In der Praxis gibt es ein durchaus ernstzunehmendes Problem: "Wie es auch mit der Annehmung einer guten Gesinnung an ihm zugegangen sein mag und sogar, wie beharrlich er auch darin in einem ihr gemäßen Lebenswandel fortfahre, so fing er doch vom Bösen an, und diese Verschuldung ist ihm nie auszulöschen möglich", spricht Kant vom Menschen in der Religionsschrift. Das Böse, das Kant meint, ist die Unterwerfung des moralischen Gesetzes unter selbstsüchtige Grundsätze, und die geläufigste Perversion dieser Art ist das gute Handeln zum Zwecke der Glückseligkeit: wäre die Letztere auf unmoralischem Wege schneller zu erreichen, würde ein solcher Mensch sofort diesen Weg einschlagen.
Wir fingen vom Bösen an, - was bedeutet das konkret? Es bedeutet eine unbezahlbare Schuld, einen unvertilgbaren Makel im tiefsten Innern jeder menschlichen Seele. Aber fingen denn alle vom Bösen an? Was bringt Kant zu der Annahme, dies sei der Fall, - nicht etwa die haarsträubend ungerechte biblische Lehre von der Erbsünde? Aus demselben Buche zaubert Kant auch eine Lösung hervor: Gott vergibt dem, der sich aufrichtig bemüht, ein guter Mensch zu werden; wer sich vom Bösen zum Guten wendet, wird durch Gnade der Glückseligkeit würdig. Doch Gnade war mir schon immer suspekt.
Man stelle sich seinen Traummenschen in partnerschaftlicher Hinsicht vor. Ein Weltenschöpfer schafft für dich deine Traumfrau gleich in doppelter Ausführung. Die beiden Frauen sind absolut identisch, aber eine von ihnen ist gleich nach dem Erschaffenwerden unglücklich gefallen und brach sich einige Knochen. Der Demiurg heilte sie sofort mit seinen Zauberkräften: vor dir stehen zwei völlig identische Frauen. Eine nimmst du mit in dein Leben, die andere nimmt der Demiurg zurück ins Nichts. Welche nimmst du mit? Dir stehen zwei identische Männer zur Auswahl. Beide warteten ein Jahr lang in Luxusgemächern auf dich. Der eine hatte sich aus Langeweile überfressen, wurde aber vom Demiurgen restlos von seiner Adipositas geheilt, der andere war immer gesund. Wer ist dein Traumtyp?
Hände, die ins Klo griffen, werden nach dem Waschen sauber, aber nicht mehr rein. Gesichter, die einmal alterten, werden diesen Makel ins Jenseits mitnehmen, wo alle wieder jung und schön sein werden. Was gewesen ist, ist gewesen, - einerseits vergangen, andererseits nie mehr rückgängig zu machen. Eine restlos verheilte Wunde ist etwas anderes, als gar keine Wunde. Was im Dreck begann, wird nie zur Reinheit gelangen. Es wird nie wieder gut: gut und wieder schließen sich aus. So kann ich mich bei bestem Glauben und höchster Anstrengung des guten Willens, das moralische Gesetz als Selbstzweck zu befolgen, niemals als würdig empfinden, Gottes reines Angesicht zu schauen. In eine dunkle Eiswüste will ich gelangen, allen Dreck auswaschen, alles Elende an mir ausrotten. Das Wissen darum, dass sich über mir - unerreichbar für mich und andere gründlich gewaschene Dreckiggewesene - ein Paradies mit perfekten Wesen befindet, denen kein Haar gekrümmt, kein Brechlied gesungen, kein Ekel gezeigt, kein Stück Haut verunreinigt wurde, wäre mir bereits Paradies genug, und selbstredend das Höchste, dessen ich würdig bin.
Mittwoch, 6. Juni 2018
Es hat keinen Sinn
Auf einem von Abermilliarden Planeten dieses ungefähr 200 Milliarden Lichtjahre durchmessenden Universums - wohlgemerkt nicht des einzigen im Multiversum - soll sich Gott, der Schöpfer des ganzen Weltalls, in eine höhere Affenart inkarniert und die räumlich und zeitlich extrem kleine und bis in die tiefste Lächerlichkeit hinein kosmisch unbedeutende Welt dieser sprechenden Affen zum geistigen Mittelpunkt seiner Schöfung auserkoren haben. Was für ein Größenwahn, welch eine Idiotie! Und was soll dieser gütige und liebende Jesus anderes sein, als die Projektion der jahrtausendelang unterdrückten Homosexualität? Ist Zölibat denn etwas anderes als die Rache von Zukurzgekommenen am launischen Geschlecht?
Man könnte diese Gedankengänge immer weiter ausführen, sie sind treffend, wenn auch stets einseitig. Aber mit dem Bauch gesprochen - dass alles stimmt doch? Durchaus, jedoch mit dem Kopf über den Bauch gesprochen, hören sich diese Gedankengänge nach einer entspannten abendlichen Nihilistelei an, - man hat sich eben einen runtergeholt und räsonniert motivationstechnisch noch etwas desorientiert über Gott und die Welt.
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Plattentektonik, die ein wesentliches theoretisches Fundament für die anfangs angestellten Überlegungen bildet, als unseriös verlacht. Kam Technologie, kam Paradigma, kam ein neues Weltbild. Vor etwas über 100 Jahren war ein Erdalter von 100000 Jahren keine kreationistische Interpretation der Bibel, sondern moderne Wissenschaft. Inzwischen ist die Erde bei knapp 5 Milliarden Jahren angekommen, und das Universum bei etwas über 13. Seit einigen Jahren versuchen Physiker, über den urgeknallten Tellerrand hinaus zu blicken, und schon bald kann uns unsere heutige Kosmologie als naiv erscheinen. Es ist nicht sehr klug, auf dem jeweils letzten naturwissenschaftlichen Paradigma eine ebendieses Paradigma umfassen und integrieren sollende Weltanschauung zu begründen.
Die Suche nach einem höheren Sinn muss, wie das Hirn eines Idioten oder das Dogma einer vorgestrigen Glaubensgemeinschaft, immun gegen wissenschaftlichen Fortschritt sein, was keineswegs als ein Lob der Torheit und der Ignoranz verstanden werden will. Die grundlegenden Fragen für eine Gesamtschau sind jedoch weit umfassender, als eine mit unendlich vielen Multiversen spekulierende Kosmologie. Es hat keinen Sinn, ein Ganzes aus seinen Teilen abzuleiten, denn ein Sinn erschließt sich erst, wenn diese Teile in ein Ganzes integriert werden.
Montag, 4. Juni 2018
Woran ich nicht glaube
Ich glaube an einen Gott, der mir den Seelenfrieden bringt, der meinen ruhelosen Geist zur Ruhe bettet und wie ein allumfassendes Nichts am Friedhof über meinem verwesenden Körper wacht. Ich glaube an einen Mann, der sich vor 2000 Jahren dafür aufopferte, dass ich heute ein schlechtes Gewissen habe und sinnlose Gebote und Verbote befolge. Ich glaube an einen Übervater, der mir einen freien Willen gegeben hat, um sich daran zu ergötzen, dass dieser Wille gegen das von ihm bestimmte Schicksal nichts vermag, und bin froh, ein Gefäß für seinen göttlichen Urin zu sein. Und da glaube ich noch, Christ zu sein.
Den Seelenfrieden bringt mir der Wellnessbuddhismus, die Ruhe kommt mit dem Alter von selbst. Es gibt, wie ein Österreicher sagte, der 10 Jahre jünger starb, als dieser opferlustige Mann, nur Pflichten gegen sich selbst. Moralisch verhalte ich mich ausschließlich um meiner Selbst willen, um mich selbst nicht verachten zu müssen. In der Schule habe ich mich für Naturwissenschaften interessiert - Schicksal ist für mich nur die Gesamtheit aller Naturgesetze, die wir kennen oder nicht kennen, genauer, das was nach ihrem Wirken hinten rauskommt, ein vorläufiges Resultat, wie eingetreten, so vom Strom der Geschichte oder vom Spülwasser weggsepült. Ich diene keinem Zweck, erfülle keine Aufgabe. Ich bin da, und mehr wurde mir nicht auf den Weg gegeben.
Weshalb soll ich an einen Gott glauben, der mir etwas geben will, was ich bereits habe, an einen Gott, dessen Dasein keine Konsequenzen hat, der nur eine Metapher für die ohne diese Ausschmückung kalt und düster erscheinende Maschine Universum ist? Ein solcher Gott ist nichts, ein Nichts, das Nichts, - nichts, woran man glauben muss, denn man sieht seine Nichtigkeit unmittelbar ein, man weiß um seine Nichtigkeit. Da glaube ich doch besser gleich an das Nichts, oder aber an nichts, und bin ehrlicherweise Nihilist.
Aber ich glaube nicht an nichts. Ich glaube nicht daran, dass meine Bedürfnisse Krankheiten sind, dass meine Wünsche Anmaßungen sind, und dass mein Ich nach meinem Tod aufhört zu existieren. Ich glaube an etwas, das den Naturgesetzen widerspricht, aber nicht als Widernatürliches, das in Form von Zauberei die Welt lächerlich und die Realität zunichte machen würde, sondern als Übernatürliches, das unser Universum, diesen kleinen Affenkäfig, als einen speziellen Fall, eine begrentze Teilwirklichkeit, in sich einschließt. Wieso wir da drin sitzen, weiß ich nicht, und wüsste ich es, müsste ich es nicht einen Glauben nennen.
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