Dienstag, 21. November 2017
An andere denken
Ein guter Mensch tut anderen Gutes, aber er denkt nicht oft an sie; gerade das Fehlen der emotionalen Abhängigkeit von anderen, die Indifferenz gegenüber ihrem Dank und Undank gehen mit einem vortrefflichen Charakter einher. Bei allem möglichen aber nicht notwendigen Mitgefühl tut der gute Mensch das Gute aus Pflicht, und seine Neigungen, anderen sympathisch werden zu wollen, sterben mit der Charakterbildung ab zugunsten edler Neigungen wie das allgemeine Wohlwollen, die Wahrheitsliebe und das unbefleckte Interesse am Schönen.
Ein schlechter Mensch denkt fortwährend an andere, er ist gar von ihnen besessen; er denkt ständig über sie nach, forscht danach, wie er ihre Sympathien gewinnen und sie für seine selbstsüchtigen Zwecke nutzen kann. Der schlechte Mensch ist an andere durch Eifersucht und Neid gebunden, er kann sie nicht loslassen, muss sich ständig mit ihnen beschäftigen. Insbesondere der maligne Egoist, der Narzisst, der metaphorisch „nur an sich selbst denkt“, denkt in Wirklichkeit fortwährend an andere.