Sonntag, 12. November 2017

Feine und keine Unterschiede





Es gibt feine Unterschiede, und es gibt Unterschiede, die keine sind. Ob eine Hure sofort mit Bargeld oder mit lebenslanger Versorgung bezahlt wird, ist kein Unterschied. Ob eine Frau aus ästhetischen (für sich selbst) oder aus sexuellen Gründen (um ihren Körper feilzubieten) auf ihr Äußeres achtet, ist ein feiner Unterschied.

Ein edler Mann und ein Dreckskerl machen einem Mädchen Geschenke. Äußerlich kein Unterschied. Weil der Unterschied nicht offensichtlich ist, ist er eben fein: der Dreckskerl will das Mädchen mit den Geschenken kaufen, und endlich zur Frau machen, während der edle Mann der Schönheit des Mädchens Tribut zollt, und selbstredend keine Gegenleistung erwartet.

Der gute Heide verehrt die Sonne, weil sie da ist, der schlechte Heide betet die Sonne wegen ihres Nutzens für die Landwirtschaft an. Der gute Christ verehrt Gott, weil er Gott ist (das allerheiligste Wesen, der Quell aller Heiligkeit, das Sinnbild der Würde, der absolute Selbstzweck), der schlechte Christ will Gott wie eine Kuh melken, und erwartet für seinen Glauben Belohnung.

Feine Unterschiede sind Unterschiede, die äußerlich keine sind. Unterschiede, die keine sind, führen einen Exhibitionismus der Unterschiedlichkeit auf: es gibt Abertausende religiöse und aberreligiose Kulte, unzählige Wege von Betrug, Hurerei und Mord, viele Sprachen, Völker und Kulturen. Dennoch sind ihre Unterschiede untereinander nur vorgetäuscht: sämtliche Kulte beten einen Teil als das Ganze an, jedes Unrecht ist ein Unrecht, und die Vertreter verschiedener Völker sind entweder Menschen (wenn sie ein transzendentales Ich aufweisen) oder Tiere (wenn sie ausschließlich biologisch gesteuert sind).

Unterschiede, die nicht wesentlich sind, sind keine. Künstlich gemachte oder an Haaren und anderen Äußerlichkeiten herbeigezogene Unterschiede sind keine. Wenn die meisten Menschen miteinander diskutieren, streiten sie sich um künstlich gemachte oder unwesentliche Unterschiede. Im Grunde sind alle immer deselben Meinung (die jeweils dem intellektuellen Entwicklungsniveau entspricht), nur hat der Eine diese Meinung in Grün, der Andere in Blau.