Donnerstag, 16. November 2017
Die Eitelkeit der Zahlen
Wenn buddhistische Mönche wochenlang in mühseliger Arbeit ein Kunstwerk aus feinstem Sand fertigen, um dieses in einem einzigen Augenblick zu zerstören, dann fragt sich der normale energiesparende Betrachter, was dieses sinnlose Getue soll. Keine biologische Todsünde (kinderlose Ehe, Dysgenik, Suizid mit 18) ist so verstörend, wie die Sünde gegen die Entropie, die absichtlich zwecklose Mühe.
Doch was tun wir anderes, wenn wir zur Schule gehen, studieren, uns weiterbilden, lesen und denken? Erst lernt man, dass der Mond 400000 Kilometer von der Erde entfernt ist, und der Zweite Weltkrieg 1939-1945 stattfand und von Deutschland ausging. Später lernt man, dass der Mond, als er gerade entstanden war, nur 20000 Kilometer von der Erde entfernt war, und dass man den Zweiten Weltkrieg anders datieren und in einem größeren Zusammenhang sehen muss. Man lernt immer mehr, bis man gelernt hat, dass alles egal ist. Auf einmal ist die jahrelange Mühe in einem einzigen Augenblick sinnlos geworden.
Wie lange gibt es schon die menschliche Zivilisation? Das ist egal. Wie entstehen schwere Elemente in den Sternen? Furzegal. Wie sieht die politische Landkarte am Ende des 21. Jahrhunderts aus? Piepegal. Werde ich reich und berühmt? Wie lange habe ich noch zu leben? Werde ich nach meinem Tod in guter Erinnerung bleiben? Vollkommen egal.
Wer erkannt hat, dass alles eitel ist, hat noch nicht alles erkannt. Auch die Eitelkeit ist nämlich eitel. Auch sein Wissen, seine Erkenntnisse, auf die er so stolz ist, sind eitel. Alle Fakten und Zahlen sind bedeutungslos, alle Zusammenhänge letztlich kontingent. Es ist auch egal, ob du weißt, dass alles egal ist, wenn nach dem Tod tatsächlich nichts mehr kommt, und damit alles objektiv egal ist, egal, ob es dir in diesem Augenblick egal ist oder nicht.