Dienstag, 6. Juni 2017

Platoniker und Sadisten





So wie das Endliche die Mitte zwischen dem Nichts und dem Absoluten ist, ist das Leben die Mitte zwischen dem Tod und der Ewigkeit. Erich Fromm stellt den Menschen, der das Leben liebt, als Gegensatz des nekrophilen Menschen, der den Tod und die Zerstörung will, auf. Das greift zu kurz, denn das Leben ist erstens endlich, sterblich, und trägt den Keim der Zerstörung in sich, und zweitens baut es auf der Vernichtung anderen Lebens auf.

Der das Leben liebt, wäre in den Worten der Psychologen ein oral-genitaler Sadist, während bei seinem Antipoden der anale Sadismus festzustellen wäre. Wäre diese Dichotomie schon alles, was es an Möglichkeiten gäbe, so gäbe es nur Sadisten, und Fromms Anklage gegen Hitler und andere Analsadisten heuchlerisch, denn sie würde Mörder verurteilen, indem sie Vergewaltiger lobte.

Es gibt aber diese dritte, göttliche Art von Menschen: die das Absolute lieben. Das sind wahrhaft liebesfähige Menschen, geniale Künstler, große Schöpfer, Platoniker. Indem sie das Ewige anstreben, das wahre unendliche Leben, das absolut Schöne zu verwirklichen suchen, erschaffen sie die ganze menschliche Kultur und Zivilisation. Sie sind - biologistisch gesagt - die Produzenten des objektiven Geistes, während "die das Leben lieben" die Konsumenten, und "die den Tod lieben" Destruenten sind.

Es gibt also zwei Arten von sadistischen Menschen: die Konsumenten, die oral-genitalen Sadisten, und die Destruenten, die analen Sadisten. Die entsprechenden pornographischen und sexuellen Vorlieben sind Sadomasochismus und Snuff. Im Sadomasochismus geht es um den Dialog mit einem lebenden Objekt, um das Zufügen von Schmerzen, und den Genuss dieser Schmerzen, um Macht und Kontrolle, um das intensive Schmecken des Lebens. Snuff bedeutet Zerstörung des Lebens, keinen Dialog mit dem lebenden Objekt, sondern dessen Vernichtung. Eine der Sexualpraktiken des Sadomasochismus besteht im dosierten Auspeitschen. Der nekrophile Sadist empfindet erst eine Befriedigung, wenn das Opfer zu Tode gepeitscht wird.

Dem Sadomasochisten geht es um das Schmerzempfinden, das intensive Empfinden, das Leiden und Leidenlassen, - dem Nekrophilen um das Aufhören aller Empfindung. Normale, gesunde, konsumtive Sexualität ist ein Dialog zwischen Lebenden, also eine Unterform des Sadomasochismus. Abartige, destruktive Sexualität ist nekrophil, begehrt das Töten oder das Tote. Es gibt keine Sexualität, ohne dass ihr Objekt wesentlich Sexualobjekt (Konsum- oder Vernichtungsobjekt) wäre, weshalb es das Sexuelle auf der höchsten (produktiven) Ebene nicht mehr geben kann.