Dienstag, 19. Mai 2020
Mensch ist Natur plus Technik
Der Tiger kann nicht aus eigenem Entschluss Vegetarier werden. Er kann auch nicht sagen, ob die Natur perfekt ist. Ein Naturwesen, ein Tier, ist Teil der Natur, nichts von ihm steht außerhalb der Natur. Die Natur reflektiert nicht über sich selbst. Ein Naturwesen, ein bloßes Tier, kann weder gegen die Natur kämpfen noch die Natur schützen: alles, was es tut, ist Natur.
Der Mensch kann die Naturgesetze erkennen, die Natur ästhetisch und teleologisch bewerten, gegen die Natur kämpfen oder die Natur schützen. Der Technik liegt das Bewusstsein der systematischen Erkennbarkeit der Gesetzmäßigkeit der Natur zugrunde. Der Mensch ist kein bloßes Tier, sondern er erhebt sich über die Natur, indem er über sie reflektiert, selbst wenn er zum Schluss kommt, dass die Natur perfekt ist und die Menschheit auf Technik grundsätzlich verzichten soll.
Je weiter sich die Menschheit technologisch entwickelt, umso mehr überwiegt die Technik im Hybridwesen Mensch. Letztlich kann sich der Mensch womöglich von der Natur emazipieren und zum nicht-tierischen Wesen werden. Doch auch transhumanem und transbiologischem Leben liegen Naturgesetze zugrunde, die nicht gebrochen werden können. Durch Technik kann der Mensch die Natur somit nicht zerstören, er kann lediglich ein mündiger Mitprogrammierer der Weltmatrix werden (ohne die Gesetze der Matrix zu ändern). Da dies die Natur nicht bedroht, richtet sich Technikfeindlichkeit nur zum Schein gegen die Naturzerstörung, und hat in Wirklichkeit (vielleicht unreflektierte) religiöse Gründe, insofern mit Religion, wie allgemein üblich, jedoch unausgesprochen, eine Selbstverpflichtung zur Unmündigkeit in den wichtigsten Fragen des Lebens gemeint ist.